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Kategorie: Wilden Vier Band 3 (Seite 1 von 2)

Band 3 – Das Geheimnis der Papageien

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 10

Cover Die wilden Vier - Band 3

Das Geheimnis ist gelöst

Autor: Harald Schneider

»Elvis? Na klar, der ist ja verschwunden«, sagte Sandra und war sichtlich erleichtert. »Wahrscheinlich ist er Frau Coleman entwischt und dann unserer Fährte gefolgt.«

Sandra schaute sich um. »Ja und, wo ist denn unser Liebling überhaupt?«

»Er ist noch in der Hütte«, erklärte Marc. »Ich war eben bei ihm. Die Polizisten baten mich, ihn drinnen zu lassen, damit sie in Ruhe draußen die Spuren sichern können. Freddie ist übrigens auch drin.«

»Du willst bestimmt wissen, wie es weiterging, oder?«, fragte Kerstin ihre Freundin. »Als Bill die Tür öffnete, kam Elvis regelrecht in die Hütte geflogen. Sofort verbiss er sich in die Wade von Bills Kumpan. Der schrie auf und ließ sich auf den Boden fallen. Freddie hat sich sofort auf ihn gestürzt und mit den Decken aus dem Nebenraum eingewickelt und gefesselt. Bill rannte nach der Schrecksekunde nach draußen und wollte mit seiner Harley fliehen. Die sprang natürlich nicht an und vor lauter Fluchen bemerkte er die Polizisten erst, als sie unmittelbar vor ihm standen. Er hatte nicht die geringste Chance, zu entkommen.«

Die wilden Vier gingen den Gartenweg in Richtung Haus. Die Tür stand offen. Auf der Eckbank saß Freddie Coleman und streichelte liebevoll den Dalmatiner. Als er Sandra sah, wirkte er erleichtert. »Gott sei Dank geht es dir gut. Ich weiß nicht, was mit meinem Bruder ist. Ich kann mich nur tausendmal für sein schäbiges Verhalten entschuldigen. Aber immerhin könnt ihr jetzt eine spannende Reportage für eure Schülerzeitung schreiben. Übrigens«, ergänzte er. »Ihr habt wirklich einen braven vierbeinigen Freund. Normalerweise kann ich nicht so viel mit Hunden anfangen, bei Elvis ist das aber anders.« 

»Ach, wissen Sie«, sagte Kerstin zu ihm. »Wir haben ein bisschen geschwindelt. Wir schreiben gar nicht für eine Schülerzeitung.«

Sie klärte ihn über ihr wahres Anliegen auf. Coleman war erstaunt, als er von den Abenteuern der wilden Vier hörte. »Dann könnt ihr mir bestimmt erklären, was mein Bruder mit diesen komischen Zahlen wollte?«

Sandra schüttelte den Kopf. »Das wissen wir auch noch nicht. Aber ich denke, in ein paar Tagen wird dieses Geheimnis gelöst sein.«

Die Jugendlichen hatten noch eine Weile Gelegenheit, der Arbeit der Polizisten zuzuschauen. Schließlich wurde auch das Motorrad abtransportiert und sie mussten die Hütte verlassen, da diese versiegelt wurde.

»Soll ich euch heimfahren?«, bot ihnen Kommissar Greulich an.

Marc winkte ab. »Vielen Dank, Herr Kommissar, aber wir haben unsere Räder dabei. Außerdem glaube ich, dass uns ein bisschen frische Luft gut tun wird. Wir versprechen Ihnen, dass wir uns auf dem Heimweg in keinen weiteren Kriminalfall einmischen werden.«

»Wenigstens heute nicht«, ergänzte Kevin frech.

Der Kommissar lächelte. »Okay, dann fahrt mal los. Nicht, dass eure Eltern zu lange auf euch warten müssen.«

Nachdem sie sich vom Kommissar verabschiedet hatten, radelten die wilden Vier müde nach Hause. Elvis rannte schwanzwedelnd nebenher.

»Mein Guter!«, sagte Marc. »Ohne dich wären wir diesmal nicht so einfach davongekommen. Zuhause bekommst du eine fette Belohnung!«

»Wuff!«

Zwei Tage später wurden die wilden Vier von Kommissar Greulich zur Abschlussbesprechung ins Präsidium eingeladen.

›Dalmatiner sind sehr erwünscht‹, stand als Zusatz auf der schriftlichen Einladungskarte.

»Wisst ihr noch, wie wir das letzte Mal im Präsidium waren und dieser Protzig beim Kommissar war? So einen unsympathischen Kerl habe ich noch nie zuvor gesehen«, sagte Kevin.

»Na ja, der wird heute wohl nicht da sein«, entgegnete seine Schwester, während sie die Stufen des Polizeipräsidiums erklommen. »Es könnte allerdings sein, dass Freddie kommt.«

Nachdem sie das bekannte »Herrrrein« vernommen hatten, öffneten sie die Bürotür. Dort saßen Jutta Marsanek und ihr Verlobter Sven. Verwundert schauten sich die wilden Vier an. Elvis lief gleich zu Sven und ließ sich ausgiebig kraulen.

»Na, da staunt ihr, was?«, begrüßte sie Jutta. »Mit uns habt ihr bestimmt nicht gerechnet.«

Die wilden Vier begrüßten die beiden erfreut. Sofort wurden in ihnen die Erinnerungen an das kürzlich erlebte gefährliche Abenteuer von der Schatzsuche im Rathauskeller wach.

»Was macht ihr hier?«, fragte Sandra »Habt ihr etwas mit dem Papageienfall zu tun?«

»Nein, nein«, wehrte Sven ab. »Wir hatten nur noch ein paar offene Punkte mit Herrn Greulich zu besprechen. Dabei haben wir von eurem neuesten Fall mit den Papageien erfahren. Ihr lauft ja wirklich von einem Abenteuer ins nächste.«

Jutta sprach weiter. »Als wir erfuhren, dass ihr heute Mittag vorbeikommt, haben wir gewartet. Es gibt nämlich eine Überraschung für euch.«

»Eine Überraschung?«, riefen die vier Jugendlichen im Chor. »Was für eine Überraschung?«

»Erstens wollen wir euch zu unserer Hochzeit einladen. Der Termin steht inzwischen fest. Zweitens haben wir etwas für eure Herbstferien. Meine Eltern haben ja, wie ihr wisst, ein paar große Grundstücke im Allgäu geerbt. Die wollen wir uns anschauen. Wenn ihr wollt und es eure Eltern erlauben, fahren wir während der Ferienzeit gemeinsam dort hin. Wir würden euch gerne dazu einladen. Natürlich könnt ihr dann ganz alleine in einer Ferienwohnung logieren. Die würden wir für euch buchen, sie befindet sich in der Nähe von Rettenberg in einer ehemaligen Mühle, mitten im Zentrum des Allgäus. Sven und ich übernachten währenddessen bei Freunden im Dorf.«

Die wilden Vier jubelten lauthals, Elvis bellte, bis ein Beamter aus einem Nachbarbüro herüberkam.

Nachdem sich alle wieder beruhigt hatten, übernahm der Kommissar das Wort: »So, jetzt kommen wir zum aktuellen Fall. Ich kann wie immer wieder nur das gleiche sagen. Es war sehr gefährlich, auf was ihr euch da eingelassen habt. Ihr wisst, das hätte auch böse ausgehen können. Aber genauso gut könnte ich wahrscheinlich gegen eine Wand reden. Also lassen wir das.«

In diesem Moment klopfte es an der Tür. Herein kam Freddie Coleman mit seiner Mutter.

»Gut, dass Sie es einrichten konnten, heute vorbeizukommen«, begrüßte Greulich die beiden. »Ich wollte gerade mit einem Überblick des Falls beginnen.«

»Darauf sind wir sehr gespannt, Herr Kommissar«, sagte Freddie und setzte sich mit seiner Mutter neben Sven und Jutta.

»Angefangen hat es damit, dass auf dem Frankfurter Flughafen drei Papageien mit postlagernder Adresse aus Brasilien ankamen«, begann Greulich. »Nachdem sich herausstellte, dass die Papiere gefälscht waren, wurden die Vögel verschiedenen Tierparks angeboten. Da sie zu diesem Zeitpunkt niemand wollte, wurden sie Ihnen, Herr Coleman, geschenkt. Zwei der Tiere stifteten Sie dem Ebert-Park, da dort zufällig eine Voliere leer stand. Der zuständige Parkleiter, Herr Protzig, der mir am Anfang sehr verdächtig vorkam, hat aber, wie sich herausstellte, mit diesem Fall absolut nichts zu tun.«

Greulich trank einen Schluck Wasser, ehe er fortfuhr: »Kurz darauf versuchten zwei Männer, die Ringe der Papageien in der Voliere zu fotografieren. Als das misslang, haben sie die Tiere gestohlen. Anhand des von euch gesicherten Fußabdruckes konnte Bill als einer der Täter identifiziert werden. Einem seiner beiden Kumpane wurde der verlorene Ehering zum Verhängnis, den ihr im Käfig gefunden habt. Zu dem Zeitpunkt wussten wir allerdings noch nicht, dass die Lieferung der Papageien von Ihrem Bruder Bill veranlasst wurde. Als er sie am Postamt abholen wollte, erfuhr er, dass sie beschlagnahmt worden waren. Nur mit Mühe konnte er entkommen, da der Postbeamte sofort die Polizei informierte. Als er dann erfuhr, dass ausgerechnet sein Bruder die Papageien erhalten hatte, dachte er an einen außerordentlichen Glücksfall, etwa wie bei einem Sechser im Lotto.«

»Aus dem Lottogewinn wurde aber nichts, als ich ihm berichtete, dass ich die Vögel bereits weitergegeben hatte«, wandte Freddie ein. »Deshalb wurde er wütend, als er erfuhr, dass ich den dritten Vogel noch besaß. ›Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?‹, schrie er mich an. Kurz darauf kamen dann seine Gaunerkollegen und haben mich entführt. Den Ring und die Registrierungspapiere habe ich eigentlich nur versteckt, um meinem Bruder, der mich so angeschrien hatte, eins auszuwischen.«

»Und dabei hatten wir Sie die ganze Zeit in Verdacht, hinter dem Diebstahl zu stecken«, sagte Kerstin zu Freddie.

»Mich in Verdacht? Wie kommt ihr darauf?«, war Freddie überrascht.

»Als Sie uns von den verschiedenen Papageien erzählten, haben sie ein paar Dinge kräftig durcheinandergebracht und einige Fehler gemacht.«

»Ach, du meinst die Sache mit den Kakadus?«, atmete Freddie auf. »Du, ich war an dem Tag so aufgeregt und habe nur einen Moment nicht aufgepasst und das verwechselt. Ein paar Sekunden später ist es mir selbst aufgefallen, was für einen Stuss ich erzählt hatte. Ich habe mir gedacht, das merkt ihr bestimmt nicht.«

»Damit wäre dieses Missverständnis ebenfalls aufgeklärt«, fiel Kommissar Greulich ins Gespräch ein. »Jedenfalls haben die beiden Gehilfen Ihres Bruders nach dem Ring gesucht und Sie entführt. Sie, Frau Coleman, so spekulierten die Gauner, sollten dann den Ring suchen, sobald Freddie das Versteck verraten hatte und die Zahl telefonisch durchgeben. Doch dann kamen plötzlich Elvis und unsere vier Freunde ins Spiel. Sie wurden Zeuge der Entführung.«

Jetzt mischte sich Frau Coleman ein: »Ich war wie betäubt. Erst verstand ich gar nicht, was es mit den jungen Leuten auf sich hatte. Auf einmal waren alle wieder weg und ich war mit diesem Hund alleine. Es kam mir alles wie ein Traum vor. Schließlich war ich mir nicht mal sicher, ob die Entführung tatsächlich stattgefunden hatte. Ich wollte in meine Wohnung zurück. Sobald ich die Bürotür aufgemacht hatte, schlüpfte der Dalmatiner hindurch und verschwand. Schließlich habe ich die Polizei gerufen, die dann sofort kam.«

Kerstin nickte. »Ja, unser Elvis hat sich aus dem Staub gemacht und ist unserer Fährte durch den Maudacher Bruch gefolgt. Das ist schon eine Wahnsinnsleistung. Den Rest kennen wir ja. Einen der Gauner hat er gebissen, der andere konnte sein Motorrad nicht starten.«

»So in etwa hat es sich abgespielt«, bestätigte Herr Greulich. »Jetzt bleibt eigentlich nur noch die Frage, nach dem Warum.«

Mucksmäuschenstill saßen alle auf ihren Stühlen und lauschten den Ausführungen des Kommissars.

»Es war für die Polizei nicht leicht, hinter das Geheimnis zu kommen. Recht schnell haben wir festgestellt, dass Bill schon jahrelang in illegale Geschäfte verwickelt war. Zur Abwicklung seiner krummen Dinger nutzte er die Papageienzuchtstation. Dort hat er seinen Bruder als Geschäftsführer eingesetzt, damit sein Name nirgendwo in Erscheinung tritt. Sie, Freddie, ahnten bisher nichts von den dunklen Geschäften Ihres Bruders.«

»Mir ist nie etwas aufgefallen«, fiel ihm Freddie ins Wort. »Klar, wir hatten immer viel Geld. Bill hatte die Buchhaltung an ein Steuerbüro vergeben, so hatte ich nie einen richtigen Überblick über die Finanzen. Ich habe mich mehr um die Vögel gekümmert.«

Herr Greulich erklärte: »Das wird noch ein Stück Arbeit sein, die Geschäfte ihres Bruders aufzudecken. Aber ich bin überzeugt, dass uns das gelingen wird.«

Greulich nahm erneut einen Schluck Wasser. »Sein letztes Ganovenstück wurde ihm zum Verhängnis. Seit gestern wissen wir über die Gaunerei Bescheid. Bill hatte gute Kontakte zu einem Drogenhändler in Brasilien. Dieser Händler, der zur Tarnung ebenfalls eine Papageienzucht betreibt, wird in Brasilien rund um die Uhr kontrolliert und abgehört. Das bedeutet, dass sein Telefon, seine Briefe, seine E-Mails überwacht werden. So sollte es ihm unmöglich gemacht werden, Informationen weiterzugeben. Doch dieser Drogenbaron hat in der Schweiz riesige Summen Geld deponiert. Und da musste er dringend drankommen. Hierzu benötigte er einen Helfer. Und dieser Helfer ist kein anderer als unser Bill Coleman.«

»Wie soll das funktionieren?«, unterbrach ihn Marc.

»Ganz einfach, mein Junge. Er verschickte die Papageien. Ganz öffentlich. Für seine Bewacher war das ein normaler Vorgang. Sie haben die Vögel zwar geröntgt, aber auf die Registrierungen wurde nicht geachtet. Die Nummern auf den Registrierungsringen ergeben aneinandergereiht ein Schweizer Nummernkonto inklusive Geheimzahl. Deswegen war es für Bill so wichtig, an die Codes aller drei Papageien zu gelangen.«

Erstaunt sahen sich die wilden Vier an. Auch die anwesenden Erwachsenen waren von der Lösung des Geheimnisses überrascht.

»Das heißt, dass wir Bill und dem Drogenbaron in Südamerika ein gutes Geschäft vermasselt haben«, folgerte Kevin.

»Nicht nur das«, ergänzte der Kommissar. »Die Polizei in der Schweiz hat das immense Vermögen sicherstellen können. Der brasilianische Drogenhändler wurde inzwischen ebenfalls festgenommen.«

»Da hat es sich also gelohnt, dass wir uns entführen ließen«, frotzelte Kevin.

»Gelohnt?«, wiederholte Greulich entsetzt. »Ihr spinnt wohl. Das war bisher eindeutig euer gefährlichstes Abenteuer. Hier ging es um viel Geld, unvorstellbar viel Geld. Ich glaube nicht, dass Bill und seine Kumpane zimperlich gewesen wären, wenn ihr ihnen weiterhin einen Strich durch die Rechnung gemacht hättet.«

Jutta versuchte die Wogen zu glätten. »Aber Herr Greulich. Zum Glück ist es letztendlich gut ausgegangen. Jetzt lassen Sie uns mit den wilden Vier erst mal in den Herbstferien ins Allgäu fahren, um zu entspannen. Wir versprechen Ihnen fest, dass wir gut aufpassen werden, damit wir dort garantiert keine gefährlichen Eskapaden erleben werden.«

Ob Jutta ihr Versprechen halten kann, das wird sich noch zeigen. Die wilden Vier freuen sich jedenfalls auf ihre Ferien im Allgäu.

Ach so, da wird noch einer mit von der Partie sein.

»Wuff!«

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 9

Cover Die wilden Vier - Band 3

Gefährliche Aktionen

Autor: Harald Schneider

Kalli schob Sandra zur Tür hinaus. Sie drehte sich noch einmal kurz um und lächelte ihren Freunden vielsagend zu. Diese saßen zusammen mit Freddie auf der Eckbank zwischen Bill und dem dritten Komplizen, der inzwischen zurückgekommen war.

Kalli überblickte einen Moment lang das Gelände, ehe er Sandra grob in Richtung Kastenwagen zog.

»So Fräulein, ein Mucks von dir und dir wird es schlecht ergehen. Du steigst bei mir auf der Fahrerseite ein, die Beifahrerseite kann man von innen blockieren. Kindersicherung nennt man das, hahaha!«

Er schloss die Fahrertür auf und vergewisserte sich erneut mit einem Rundumblick, dass sie wirklich alleine waren. Dann stieß er seine Gefangene ins Auto.

»He, pass auf, du Idiot. Das tut weh!« Sandra war in ihrer Anrede nicht zimperlich.

Kalli lachte nur, bevor er frech grinsend antwortete: »Sei bloß ruhig, ihr seid selbst schuld. Was mischt ihr euch in Angelegenheiten von Erwachsenen? Ihr hattet die Möglichkeit, uns die Codenummer am Telefon durchzugeben. Alles wäre in Ordnung gewesen und wir hätten Freddie freigelassen. Aber nein, ihr Besserwisser wollt es unbedingt auf die harte Tour. Also beschwer dich nicht.«

Sandra beobachtete, wie Kalli den Wagen anließ und langsam durch die Wege der Gartenanlage fuhr. Irgendwie hatte er sie immer im Blick. Sie hatte keine Gelegenheit, das Handy unbemerkt aus ihrer Hosentasche zu ziehen.

Es schien, als könnte Kalli Gedanken lesen. »Hör zu, wenn ich dich bei irgendwelchen verdächtigen Bewegungen erwische, muss ich dich fesseln. Wir kommen jetzt gleich auf die Straße. Ich möchte nicht, dass du einen Passanten auf uns aufmerksam machst, haben wir uns verstanden?«

Eingeschüchtert nickte Sandra, ohne etwas zu antworten. So schwer hatte sie es sich nicht vorgestellt. Doch es wurde noch schlimmer. Die Fahrt entwickelte sich zu einem Horrortrip. Das Handy in ihrer Hosentasche begann sich plötzlich lautstark zu melden. Damit hatte sie wirklich nicht gerechnet.

Kalli erschrak ebenfalls und legte eine Vollbremsung hin. Die beiden befanden sich noch auf dem Parkplatz vor den Schrebergärten. Er brauchte einen Moment, bis er begriff, was das war.

»Ach, so ist das!«, begann er mit drohender Gebärde. »Hast du gedacht, wir entdecken das Handy nicht? Damit wolltest du wohl die Polizei verständigen? Nichts da, los gib mir sofort das Ding!«

Sandra blieb nichts anderes übrig, als das Mobiltelefon missmutig aus ihrer Hosentasche zu ziehen und es Kalli zu übergeben.

»Mal sehen, wer dran ist. Und du hältst schön brav die Schnauze, okay?«

»Ja«, meldete er sich anonym.

»Ach du bist es, Chef. Ja, meine Beifahrerin hatte das gute Stück in ihrer Hosentasche. Gut, dass es dir eingefallen ist. Das hätte böse enden können. So langsam fangen die Kids an, mich zu nerven.«

Nun schien Bill zu reden. Kurz darauf sprach dann wieder Kalli: »Wird gemacht, Chef. Ich melde mich auf diesem Handy, sobald ich den Zahlencode habe. Bis später.«

Er beendete das Gespräch und steckte das Handy ein.

Wortlos ließ er den Motor an und bog auf die Straße. Sandra schaute aus dem Beifahrerfenster und ignorierte Kalli komplett.

Dieser musste sich auf die Strecke konzentrieren, anscheinend war die Gegend fremd für ihn. Trotz allem dauerte es nur ein paar Minuten, bis sie wenige Häuser von der Papageienzuchtstation entfernt ankamen.

Kalli legte den zweiten Gang ein und ließ den Wagen im Schritttempo an der Hofeinfahrt vorbeirollen. Er schaute an Sandra vorbei in den Innenhof, ohne jedoch irgendetwas Verdächtiges zu bemerken. An der nächsten Kreuzung wendete er, um ein zweites Mal bei gemächlichem Tempo in die Einfahrt blicken zu können.

»Die Luft scheint rein zu sein«, sagte Kalli zu sich selbst. »Bills Mutter wird es nicht gewagt haben, die Polizei anzurufen.« Er wendete erneut. Diesmal fuhr er in den Hof hinein. Er war leer. Zufrieden nickte er und stellte den Wagen ab.

»Raus mit dir!«, befahl er Sandra.

Sandra folgte der Aufforderung. Sie schob sich über den Fahrersitz und stieg auf der Fahrerseite aus. Sie schaute sich um, doch auch sie konnte nirgendwo ein Lebenszeichen wahrnehmen. Wo steckte Frau Coleman? Hoffentlich hatte sie sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als der Gauner sie wieder am Oberarm packte.

»Komm jetzt!«, befahl er ihr. »Jetzt ist nicht die Zeit zum Träumen.« Er zog sie hinter sich her. Mit großen Schritten ging er in Richtung Büro.

Gleich wird Elvis über ihn herfallen, hoffte Sandra und machte sich bereit, um den Überraschungseffekt zur Flucht ausnutzen zu können.

Doch die Überraschung war anders, als sie es sich vorstellte: Es kam kein Elvis angerannt, als Kalli die Bürotür öffnete. Es war überhaupt niemand da.

Enttäuscht schaute sich Sandra um. In der Ecke stand die benutzte Wasserschale, die Elvis vor ihrer Abfahrt bekommen hatte. Alles war wie vorhin. Doch wo war ihr Dalmatiner geblieben?

»Los, mach schon, wo ist der Zahlencode?« Die laute Stimme Kallis ließ sie zusammenzucken. Was sollte sie machen? Ihm eine falsche Nummer geben? Nein, das würde das Ganze nur kurz verzögern, denn Bill würde es sofort bemerken, wenn Kalli die Nummer telefonisch durchgibt.

Sie holte den Ordner aus dem Regal und blickte den Ganoven scharf an. Mit einer lässigen Bewegung warf sie den Ordner auf einen der Schreibtische.

»Bitte bedienen Sie sich, da ist alles drin.«

Kalli stürzte sich auf den Aktenordner. Er schaute zuerst interessiert, doch nach wenigen Sekunden schimpfte er sauer: »Was soll der Blödsinn? Willst du uns schon wieder veräppeln?«

Sandra war verwirrt. Sie nahm den Ordner und sah ebenfalls hinein. In der Klarsichthülle, in der vorhin der Ring gewesen war, lag ein handgeschriebener Zettel, auf dem stand: Das Spiel ist aus!

Kalli schaute das Mädchen sehr zornig an. »Das einzige Spiel, das aus ist, ist das eure. Rück jetzt endlich den Ring heraus!«

»Irrtum, mein Lieber.«

Kalli drehte sich schlagartig herum. Ihm standen drei Polizisten gegenüber. »Sie irren. Ihr Spiel ist aus«, sagte Kommissar Greulich in bittersüßem Ton. »Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass wir Sie festnehmen müssen, oder?«

Kalli ließ sich widerstandslos festnehmen und abführen. Es war ihm unbegreiflich, wie plötzlich die Polizei erscheinen konnte.

»Na, ist alles in Ordnung?«, fragte Greulich. »Warum müsst ihr nur immer in solche Abenteuer hineingeraten?«

»Herr Greulich«, rief Sandra aufgeregt. »Wir müssen zu den anderen in die Gartenanlage fahren, die werden dort gefangen gehalten!«

»Keine Panik. Das wissen wir längst. Die Befreiungsaktion läuft gerade. Wir fahren gleich hin. Ich denke, du möchtest bestimmt mitkommen?«

Na klar wollte Sandra.

»Wo ist eigentlich Elvis?«, fragte sie.

»Euer Dalmatiner?«, antwortete Greulich erstaunt. »Der war nicht hier, als wir ankamen. Da kann ich dir leider nicht weiterhelfen.«

Kalli war bereits weggebracht worden. Auch von Frau Coleman sah Sandra keine Spur, als sie zu Greulich in den Wagen stieg. Der Kommissar sah das verwunderte Gesicht der jugendlichen Detektivin.

»Du musst nicht denken, dass wir hellsehen können. Frau Coleman hat uns benachrichtigt. Zuerst wurde ihr Sohn entführt, dann kamen plötzlich aus dem Nichts vier Jugendliche. Das hat sie ziemlich überfordert. Wir haben sie zur Sicherheit in ein Krankenhaus gebracht. Daraufhin haben wir natürlich sofort das Handy von Freddie abhören lassen. So haben wir gerade noch rechtzeitig das Telefonat zwischen diesem Kalli und Freddies Bruder Bill mitbekommen. Dabei gelang es uns, die Gauner zu orten. Ich denke, inzwischen müssten sie festgenommen sein.«

Wenige Minuten später kamen sie bei der Schrebergartenanlage an. Auf dem Parkplatz standen mehrere Streifenwagen, Beamte waren nicht zu sehen. Greulich hatte sich während der ganzen Fahrt über Sprechfunk mit seinen Kollegen vor Ort unterhalten. Da sie allerdings sehr viele Abkürzungen und Fachbegriffe nutzten, konnte Sandra nicht wirklich etwas damit anfangen.

Der Kommissar lachte. »Na, dann werden wir mal zu dem Häuschen fahren, wo sich deine Freunde befinden. Da hat sich in den letzten Minuten allerhand getan. Und ein geheimnisvoller Befreier ist aufgetaucht.«

»Geheimnisvoller Befreier? Wer soll das sein?«, fragte Sandra, die sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, was das zu bedeuten hatte.

»Warte noch einen kleinen Moment, dann wirst du es selber sehen«, sagte der Kommissar geheimnisvoll.

Als sie kurz darauf vom Hauptweg abbogen, konnten sie die Parzelle der Gauner sehen. Alles war voll mit Menschen. Polizisten in Uniform, Polizisten in Zivil, Sanitäter, Zuschauer von benachbarten Grundstücken, der Gauner Bill und sein Kumpan in Handschellen. Und da waren auch Kerstin, Kevin und Marc.

Kommissar Greulich hielt den Wagen an. Sandra sprang heraus und rannte so schnell sie konnte zu ihren Freunden, die neben Bills schwerem Motorrad standen.

»Hallo! Ist alles in Ordnung mit euch? Mir geht es gut. Es hat alles super geklappt!«

Kerstin umarmte ihre Freundin. »Gut, dass du wieder da bist. Wir haben uns echt Sorgen um dich gemacht. Erst vor einer Minute hat ein Polizist zu uns gesagt, dass du jeden Moment mit Greulich kommen wirst.«

»Erzählt, was ist passiert?«, wollte Sandra wissen.

Marc zeigte auf die Harley-Davidson. »Damit wollte Bill flüchten. Doch aus irgendeinem Grund sprang die Maschine einfach nicht an.«

Kerstin und Kevin bogen sich vor Lachen.

Sandra kapierte nichts und schüttelte den Kopf. »Ja und? Was ist daran so lustig?«

»Kannst du dich daran erinnern, wie wir zum Haus geschlichen sind und ihr mit mir geschimpft habt, weil ich mir die Maschine etwas genauer betrachtet habe?«, grinste Kevin.

Sandra nickte.

»Ihr habt mich nur zu spät gesehen. Denn ich habe keineswegs das Motorrad bestaunt, sondern ein Zündkerzenkabel gelockert. Und ohne Zündfunken bewegt sich der Motor nicht. Das war Bills Pech.«

Sandra hatte immer noch nicht verstanden. »Ja gut, ich weiß jetzt, dass Bill flüchten wollte und seine Harley nicht ansprang. Aber warum wollte er flüchten? War die Polizei schon da?«

»Die Polizei?«, fragten die Zwillinge und Marc im Chor und fingen erneut an zu lachen.

»Nein, die Polizei kam erst später. Da war noch etwas anderes«, begann Marc und musste vor lauter Lachen seinen Satz abbrechen.

Nun sprach Kevin. »Wir saßen immer noch auf der Eckbank. Auf einmal hörten wir draußen seltsame Geräusche. Irgendjemand schlich sich an. Bill wurde immer nervöser. Er schaute verzweifelt durch das Fenster, konnte aber nichts erkennen.«

Da nun auch Kevin lachte, übernahm seine Schwester: »Irgendwann hat er es gewagt, die Tür einen Spalt weit aufzumachen. Und dann ist es passiert. Es ging in Sekundenschnelle. Zuerst wusste keiner, was eigentlich los war. Und dann der Schrei. Bills Gaunerkollege war sofort außer Gefecht gesetzt. Bill nahm seine Beine unter die Arme und rannte so schnell er konnte zu seinem Motorrad.«

Sandra fühlte sich langsam veräppelt. »Jetzt sagt mir doch endlich, wer sich angeschlichen hat. Auch Kommissar Greulich machte mir vorhin eine Andeutung, dass ein geheimnisvoller Befreier am Werk war. Macht es nicht so spannend, wer war es?«

Frage: Wer war der geheimnisvolle Befreier?

Antwort: .tglofeg ednuerF renies etrhäF red raw rE .sivlE hcilrütan raw sE

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 8

Cover Die wilden Vier - Band 3

In der Falle

Autor: Harald Schneider

»Mensch, du hast ja Recht«, antwortete Kerstin. »Das bedeutet, dass Bill seinen eigenen Bruder entführen ließ.«

»Das heißt, wir haben es mindestens mit drei Gaunern zu tun, schließlich kannte Frau Coleman die beiden Kerle, die Freddie mitgenommen hatten, nicht.«

Kevin nickte eifrig mit dem Kopf. »Eins dürfte klar sein: Die Gauner warten auf dem Parkplatz vor den Schrebergärten auf uns. Wenn wir uns beeilen, können wir das Versteck der Ganoven untersuchen und vielleicht Freddie befreien.«

Die anderen drei stimmten ihm stillschweigend zu. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schoben sie ihre Räder in ein leerstehendes Grundstück und versteckten sie hinter einem großen Brombeerbusch.

Gemeinsam schlichen sie geräuschlos auf dem gleichen Weg, den Kevin vorhin genommen hatte, zur Parzelle der Entführer. Sicherheitshalber nahmen sie hinter dem schwarzen Wagen Deckung und überblickten das Grundstück. Doch so sehr sie auch suchten, sie konnten kein Lebenszeichen ausmachen.

»Los jetzt«, flüsterte Sandra ihren Freunden zu.

Sie war kaum zwei Schritte vorgegangen, da klingelte das Handy.

»Verdammt«, sagte sie, während sie sofort wieder hinter dem Wagen in Deckung ging. Dann nahm sie das Gespräch an.

Die wilden Vier wussten genau, warum dieser Anruf kam. Sie müssten eigentlich längst auf dem Parkplatz angekommen sein.

»Ja, tut uns leid. Ausgerechnet jetzt hat einer von uns einen Platten bekommen. Deshalb müssen wir unsere Räder schieben. Es wird noch ein paar Minuten dauern, bis wir bei Ihnen am Parkplatz sind.« Ein paar Sekunden später ergänzte sie: »Nein, Sie können beruhigt sein, wir machen keine krummen Dinger. Für solche Sachen sind Sie zuständig.« Sandra beendete das Gespräch und steckte das Telefon in ihre Tasche.

»Puh, noch mal gut gegangen. Los jetzt, wir haben nicht viel Zeit.«

Die vier machten einen weiteren Anlauf, auf das Grundstück zu kommen. Sie gingen durch das unverschlossene Gartentor durch den Garten. Die Parzelle schien verlassen.

Plötzlich bemerkte Kerstin, dass ihr Bruder nicht mehr bei ihnen war. Sie drehte sich um und sah ihn vor Bills Motorrad stehen. Sie ging ein paar Meter zurück und fauchte ihn wütend an: »Sag mal, spinnst du jetzt komplett? Du kannst doch jetzt keine Pause machen, um dir das Motorrad anzuschauen! Wir sind nicht beim Privatfernsehen. Komm jetzt endlich!«

Kevin grinste und folgte seiner Schwester.

Die anderen warteten ungeduldig neben dem Campingtisch auf sie.

»Was war los?«, wollte Sandra wissen.

»Och, mein kleiner Bruder hat nur ein bisschen von einem Motorrad geträumt. Dabei kann er nicht mal richtig Rad fahren.«

Kevin lächelte geheimnisvoll weiter, obwohl er genug Grund gehabt hätte, sich zu ärgern.

Marc hatte währenddessen den Fotoapparat, der auf dem Tisch lag, untersucht. »Ob die Gauner damit versucht haben, die Ringe der Aras im Ebert-Park zu fotografieren?«

»Ist jetzt egal«, drängte Sandra. »Lasst uns versuchen, in die Hütte zu kommen. Anscheinend ist niemand da, sonst hätten wir schon mächtig Ärger.«

Die vier Jugendlichen gingen zur Eingangstür. Kerstin drückte in Zeitlupe die Klinke. Es war abgeschlossen.

Ratlos schauten sie sich an. Plötzlich ging Kevin zurück zu dem Campingtisch und nahm sich die dort liegende abgewinkelte Flachzange. Damit ging er direkt zur Eingangstür. Er setzte die Zange wie einen Dietrich an.

»Ich schätze, das dürfte funktionieren. Das ist ein ganz altes Schlüsselloch. So was habe ich früher mit dem Zeigefinger geöffnet!«

Es machte leise ›Klick‹ und die Tür sprang auf.

Kevin steckte die Zange cool in seine Hosentasche und betrat die Hütte. Die anderen folgten ihm unmittelbar darauf.

Das Innere des Häuschens barg auf den ersten Blick keine Überraschung. Unter dem Fenster, dessen Vorhang zugezogen war, stand eine Couch. Eine Eckbank mit Tisch und zwei Stühlen sowie eine kleine Küchenzeile vervollständigten das Inventar. Hinten war ein kleiner Raum abgetrennt, dessen Tür verschlossen war.

Neben der Spüle lagen Fotos, die eindeutig von den Aras im Ebertpark stammten.

»Seht euch die Bilder an«, flüsterte Kerstin. »Wir hatten Recht, da sind die Registrierungsringe der Aras in Großaufnahme drauf.«

Sie ging zum Fenster, zog den Vorhang zurück und schaute genauer hin.

»Trotz der Größe kann man die Zahlen auf den Ringen nicht eindeutig erkennen. Das muss für die Ganoven ziemlich frustrierend gewesen sein.«

Marc hatte währenddessen die rückwärtige Tür geöffnet und schaute in eine kleine Kammer.

»Was ist da drin?«, wollte Sandra wissen und kam ihm nach.

»Nur Decken, Schlafsäcke und so Zeug.« Sie wollte sich gerade desinteressiert abwenden, da stutzte sie.

»He, Moment, da stimmt etwas nicht.« Sandra ging in die Kammer und zog mehrere Decken von einem Stapel. Darunter kam eine große Truhe zum Vorschein. Sie öffnete den Deckel und blickte auf den gefesselten und geknebelten Freddie.

»Schnell, kommt her«, rief sie zu den anderen, während sie begann, den Knebel in Freddies Mund zu entfernen.

Dieser brachte nur ein Grunzen und Stöhnen heraus und starrte verwundert die Jugendlichen an. Marc hatte bereits sein Taschenmesser gezückt und die Fesseln zerschnitten. Freddie stieg steif aus der Truhe und dehnte seine Gliedmaßen.

»Wo kommt ihr denn her?«, wollte er wissen. »Wie habt ihr herausgefunden, dass mein Bruder mich entführen ließ? Seine Kumpels sind euch doch auf der Spur gewesen.«

»Ja, ja, das sind sie immer noch«, antwortete Sandra. »Hauptsache ist, dass wir Sie gefunden haben.«

»Ich weiß auch nicht, was in meinen Bruder gefahren ist. Ein bisschen verrückt war er schon immer. Aber jetzt scheint er komplett durchgedreht zu sein. Nur weil ich zwei Aras verschenkt habe, stellt euch das mal vor!« Freddie hatte inzwischen auf einem der Stühle im vorderen Raum Platz genommen.

»Wissen Sie, warum Ihr Bruder Bill unbedingt die Papageien zurückhaben wollte?«, fragte Marc.

Freddie schüttelte den Kopf. »Zuerst wusste ich es nicht. Dann hörte ich von euch und eurem Kommissar, dass die Vögel gestohlen wurden. Da wurde ich stutzig, da Bill mich kurz vor dem Diebstahl um die Registrierungspapiere der beiden Vögel gebeten hatte. Da ich ja wusste, dass sie gefälscht waren, habe ich ihm gesagt, dass ich sie nicht habe. Da ist er richtig wütend geworden. Als er dann herausfand, dass es sich um drei Aras handelte, die ich vom Hauptzollamt bekommen hatte, drehte er völlig durch. Er drohte, die Papageienzucht zu schließen. Er wollte sofort den dritten Papagei haben. Da habe ich ihn angelogen und gesagt, dass ich den ebenfalls verschenkt hätte.«

»Das hat er Ihnen geglaubt?«, fragte Sandra.

»Ja, bis heute. Da hat er herausgefunden, dass ich gelogen habe. Inzwischen hatte ich den Ring und die Papiere versteckt.«

»Wissen Sie, warum er die gefälschten Registrierungen will? Damit kann man doch nichts anfangen«, hakte Kevin nach, doch Freddie zuckte nur mit den Schultern.

»Da fragst du mich zu viel. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was das ganze Spiel zu bedeuten hat.«

Sandra hatte eine weitere Frage: »Sie haben vorhin gesagt, dass Ihr Bruder die Zuchtstation schließen will. Wir dachten bisher, Sie seien der Geschäftsführer. Wie kann Ihr Bruder Ihnen mit Schließung drohen?«

»Ja leider, das kann er. Er ist der eigentliche Chef des Unternehmens. Ich darf mich zwar Geschäftsführer nennen, bin aber in Wirklichkeit nur ein einfacher Angestellter. Bisher hat mich mein Bruder immer schalten und walten lassen, wie ich es wollte. Erst seit dieser mysteriösen Papageiensache ist er so komisch.«

Marc schaute auf seine Uhr. »Ich denke, wir sollten erst mal das Weite suchen. Sonst kommt Ihr Bruder mit seinen Helfern zurück und findet uns hier.«

Freddie Coleman stand besorgt auf. »Du hast Recht, lasst uns verschwinden. Ich habe keine Ahnung, wo wir sind. Ich hatte während der ganzen Fahrt die Augen verbunden. Und, äh …« Er erstarrte, als er beiläufig aus dem Fenster schaute. Eine drohende Grimasse lächelte ihn von außen an.

Im gleichen Moment hatten es die Jugendlichen auch bemerkt. Freddies Bruder Bill und ein weiterer Mann betraten wütend die Hütte.

»Da seid ihr ja!«, begann Bill mit aggressiver Stimme. »Wie ich euch kenne, habt ihr bestimmt nur Flickzeug für euer Fahrrad gesucht und seid dabei rein zufällig auf meinen Bruder gestoßen.«

Mit einer kurzen Geste bedeutete er dem vor dem Fenster wartenden Mann, die Umgebung zu beobachten, damit sie nicht gestört wurden.

»Na, jetzt sitzt ihr aber ganz schön in der Klemme. Wenn ihr den Zahlencode wie verabredet bei uns am Parkplatz abgeliefert hättet, dann wäre alles in Ordnung gewesen und wir hätten euch vielleicht gehen lassen. Warum habt ihr uns nur so lange warten lassen? Nun habt ihr sicherlich Verständnis dafür, dass ich euch nicht mehr laufen lassen kann.«

»Um Himmels willen, Bill! Was ist denn in dich gefahren?», rief Freddie. »Du kannst doch nicht diese Jugendlichen kidnappen. Es ist schlimm genug, dass du mich entführt hast.«

»Halt die Klappe, Bruder. Du hast keine Ahnung. Jahrelang hast du brav den Laden geführt ohne zu wissen, was läuft. Denkst du wirklich, das ganze Geld haben wir mit der Zucht und dem Verkauf der paar kreischenden Viecher verdient? Mensch, bist du aber naiv, hahaha!«

Bill und sein bewaffneter Kumpan hatten die Jugendlichen und Freddie inzwischen auf die Eckbank gedrängt. Dort saßen sie und trauten ihren Ohren nicht.

Freddie unternahm einen neuerlichen Anlauf, seinen Bruder umzustimmen. »Bill, sag mir wenigstens, warum dir diese Zahlencodes so wichtig sind. Ich habe dir doch schon mehrfach gesagt, dass es sich um Fälschungen von Registrierungen handelt.«

»Hahaha«, lachte Bill. »Natürlich sind es Fälschungen. Die Papageien und die richtigen Registrierungsnummern interessieren mich einen feuchten Dreck. Ich habe zwei der Codes, nur der dritte fehlt mir noch.« Er blickte die wilden Vier scharf an. »Und eben diese fehlende Zahlenreihe habt ihr mir mitgebracht. Das hoffe ich wenigstens für euch. Los, gebt sie mir sofort.«

Sandra schaute ihn frech an. »So einfach geht das nicht. Was wollen Sie machen, wenn wir sie nicht haben?«

»Blödsinn, du weißt genau, was wir dann tun. Zuerst durchsuchen wir euch und glaubt ja nicht, dass wir dabei zimperlich vorgehen. Wenn ihr den Zahlencode wirklich nicht dabeihabt, dann liegt er in dem Ordner im Büro. Mein Bruder war so nett, uns den richtigen Ordner zu nennen.«

Sandra befand sich in einer Zwickmühle. Schließlich zog sie einen zerknitterten Zettel aus ihrer Hosentasche und gab ihn Bill.

»Hast du es also doch kapiert?«, grinste er. »Wir fackeln nämlich nicht lange. So, lass mal schauen.« Er blickte auf die Zahlen, stutzte, und schaute dann böse auf Sandra. »Du willst mich wohl veräppeln? Das sind nicht die richtigen Zahlen!« Er wurde immer lauter und war nah dran, vor Wut in die Luft zu gehen.

Sandra blieb unbekümmert sitzen und reagierte nicht auf das Geschrei des Ganoven.

Als Bill nach Luft schnappte, sah sie ihm direkt in die Augen und sagte in einem Tonfall, als ginge es nur um das Wetter: »Sie glauben doch nicht, dass wir Ihnen die richtigen Zahlen auf einem goldenen Teller präsentieren. Damit Sie sich keine falschen Hoffnungen machen, die richtigen Zahlen und der Ring sind längst nicht mehr im Ordner. Ich habe beides gut versteckt.«

Bill wurde noch wütender. Er nahm eine Blumenvase vom Tisch und warf sie mit voller Wucht an die Wand neben dem Fenster. Mit lautem Knall zerbrach sie in tausend Teile.

Kerstin, Kevin und Marc waren mit der Situation überfordert. Was hatte ihre Freundin vor?

Schließlich bekam sich Bill einigermaßen in den Griff. »Wie ihr wollt. Dann müsst ihr halt noch eine Weile hierbleiben. Und du«, er deutete auf Sandra, »fährst jetzt mit Kalli zum Büro. Und wenn du noch einmal versuchst, krumme Touren zu machen, ergeht es dir und deinen Freunden schlecht, verstanden? Die anderen drei werden gefesselt.« Er wandte sich an Kalli, der neben ihm stand. »Pass gut auf sie auf. Wenn du die Zahlen hast, gibst du mir Bescheid, okay?«

Kalli nickte zackig. »Ja, Boss, das wird nicht lange dauern.«

Er fasste Sandra an ihrem Oberarm, dass sie meinte, er hätte Schraubstöcke an seinen Armen. Sie hatte keine Chance zu fliehen, der Mann musste Bodybuilder sein.

Sandra hatte dennoch die ganze Zeit gehofft, zurück ins Büro zu kommen. Sie hatte nämlich noch einen Joker in der Tasche. Dazu durfte sie allerdings nicht gefesselt sein.

Frage: Welchen Joker hatte Sandra in ihrer Tasche?

Antwort: .etnnok netro eis nam timad ,neztesuzba furtoN nenie ,negnileg rhi se nnak thcielleiV .nekcetsnie eidderF nov ydnaH sad tah eiS

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 7

Cover Die wilden Vier - Band 3

Die wilden Vier greifen ein

Autor: Harald Schneider

»Mensch, das ist doch logisch! Warum sind wir nicht früher draufgekommen? Natürlich suchen die Gauner den Ring und die Papiere«, rief Sandra.

Marc schüttelte den Kopf. »Das macht doch absolut keinen Sinn! Weder auf dem Ring noch in den Papieren stand ein gültiger Registrierungscode. Und die sinnlosen Zahlen sind völlig uninteressant.«

 »Ich glaube, die Zahlencodes sind nur für die Züchter uninteressant«, widersprach Kerstin. »Irgendetwas wird es mit den Zahlen auf sich haben. Und ich weiß auch, was es ist!«

»Na, dann schieß mal los«, forderte Kerstin ihre Freundin ungläubig auf.

»Ganz einfach, die Zahlencodes auf den Registrierungsringen, beziehungsweise in den Papieren, ergeben eine verschlüsselte Geheimnachricht. Nur wenn man den Geheimschlüssel kennt und alle drei Papageiencodes hat, kann man die Nachricht entschlüsseln.«

Kerstin schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Jetzt verstehe ich auch, warum die beiden Aras aus dem Ebert-Park gestohlen wurden. Es ging nicht um die Papageien, sondern um die Zahlen auf den Ringen.«

Sandra nickte. »Dummerweise haben die Gauner im Park nur zwei der gesuchten Aras gefunden. Sie mussten aber gewusst haben, dass sie aus Colemans Papageienzucht kamen. Deshalb waren sie hier, um den dritten Code zu beschaffen.«

»Den unser Freddie aus irgendeinem Grund versteckt hat«, ergänzte Marc.

»Das hat er vielleicht noch nicht einmal mit Absicht gemacht«, warf Kerstin ein. »Vielleicht hatte er es gut gemeint und den falschen Ring entfernt und zusammen mit den gefälschten Papieren weggeworfen.«

»Weggeworfen?«, wiederholte Sandra. »Du bringst mich auf eine Idee!« Sie lief zurück ins Büro. Die anderen folgten ihr mit Frau Coleman.

Im Büro schnappte sie sich den überfüllten Papierkorb und entleerte ihn auf einem freien Platz auf einem der Schreibtische. Ihre Freunde hatten inzwischen begriffen und halfen ihr, den Inhalt des Papierkorbes zu durchsuchen.

»Igitt«, schrie Marc, als er in einen angefaulten Apfelrest fasste. »Von Mülltrennung und Recycling hat der wohl noch nie was gehört!«

»Für ein Recycling taugt dieses vergammelte Ding wirklich nicht mehr«, neckte ihn Kevin.

So sehr sie auch suchten, sie fanden weder die Papiere noch den Registrierungsring. Enttäuscht füllten sie die Reste wieder in den Papierkorb.

»Freddie kann die Sachen natürlich auch aufgehoben und in einen der vielen Ordner gesteckt haben«, meinte Marc. »Dann werden wir schätzungsweise fünf Jahre brauchen, um das ganze Chaos zu durchsuchen.«

Frau Coleman hatte sich wieder in den Sessel gesetzt. Obwohl sie noch ziemlich mitgenommen aussah, sprach sie mit gefasster Stimme. »Ich halte die Warterei nicht mehr lange aus. Wenn sich die Entführer in einer Stunde nicht melden, werde ich die Polizei anrufen.«

Sandra wollte gerade antworten, da klingelte neben ihr ein Handy. Alle zuckten wegen des unerwarteten Geräusches zusammen. Sandra hob zwei oder drei Prospekte vom Schreibtisch und entdeckte das Mobiltelefon. Etwas unsicher nahm sie es in die Hand und drückte vorsichtig die Sprechtaste.

»Ja?«, sprach sie.

Die anderen standen regungslos daneben und versuchten angestrengt, etwas von dem Gespräch mitzubekommen. Doch außer einem gelegentlichen »Ja« oder »Okay« von Sandra konnten sie nichts verstehen. Nur einmal sagte sie energisch: »Nein, so läuft das nicht. Wir kommen zu Ihnen!« Zwei Minuten später beendete ihre Freundin das Telefonat.

»Wer war das?«, drängelte Kevin. »Nun sag schon!«

Sandra antwortete: »Das waren tatsächlich diese Gauner, was auch nicht anders zu erwarten war. Dies ist Freddies Handy.« Sie hob das Telefon hoch und sprach weiter: »Freddie hat ihnen verraten, wo der Ring ist. Sie verlangen von mir, dass ich ihn suche und ihnen am Telefon die eingeprägte Nummer durchgebe. Da habe ich mich einfach geweigert.«

»Und nun? Was passiert jetzt?«, fragte Marc.

»Ist doch klar. Wir fahren zu den Gaunern. Übrigens wissen sie, wer wir sind, da sie uns gesehen haben, als wir gekommen sind. Freddie muss ihnen daraufhin alles von uns berichtet haben.«

»Das ist doch nicht möglich!«, rief Kerstin erstaunt. »Wenn die dir am Telefon gesagt haben, wo wir sie finden, könnten wir doch die Polizei anrufen.«

»So einfach haben die es uns auch wieder nicht gemacht«, wehrte Sandra ab. »Wir sollen mit unseren Rädern ganz langsam an der Schule in Maudach vorbeifahren, damit sie sehen können, dass wir alleine sind. Danach melden sie sich wieder auf diesem Handy.«

»Ach ja«, ergänzte sie mit Blick auf Marc. »Elvis wirst du nicht mitnehmen können. Darauf haben die Ganoven bestanden. Lass ihn am besten bei Frau Coleman im Büro.«

Freddies Mutter hatte sich erhoben und redete ängstlich auf die Jugendlichen ein: »Das könnt ihr nicht machen! Das ist viel zu gefährlich. Es reicht, wenn die meinen Sohn haben. Die Gauner werden euch bestimmt auch gefangen nehmen!«

»Keine Angst«, beruhigte Marc sie. »Wir sind schon mit ganz anderen Ganoven fertig geworden. Darf ich meinen Dalmatiner solange bei Ihnen lassen?«

Sandra war währenddessen an eine Regalwand gegangen und suchte etwas. Schließlich zog sie einen Ordner hervor und öffnete ihn. Ganz vorne befand sich eine Klarsichthülle, in der ein Ring steckte. Sie nahm ihn heraus und entzifferte die eingeprägte Zahl auf der Innenseite des Ringes.

»Mir sagt diese Zahl überhaupt nichts«, sagte sie kopfschüttelnd und riss ein Blatt von einem Notizblock ab, der vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Mit dem danebenliegenden Kugelschreiber notierte sie die Nummer. »So, und jetzt gleich noch mal«, sagte sie und wiederholte das Ganze auf einem zweiten Blatt.

»Wozu soll das gut sein?«, wollte Kevin wissen.

»Das ist mein Geheimnis. Das wirst du noch sehen. Los kommt, wir sollten eigentlich längst weg sein.«

Die vier beruhigten Frau Coleman mit ein paar Worten und versprachen ihr, sich so bald wie möglich bei ihr zu melden. Marc verabschiedete sich von seinem Hund, nachdem er ihm eine Schüssel mit Wasser hingestellt hatte. Dann schwangen sich die Freunde auf ihre Räder und fuhren in Richtung Schule.

»Warum sollen wir ausgerechnet an der Schule vorbeifahren?«, fragte Kevin unterwegs.

»Das weiß ich auch nicht«, antwortete Sandra. »Vielleicht können sie uns dort gut beobachten.«

»Du, Sandra, hast du auch das Handy dabei?«, fragte Marc plötzlich.

Sandra griff in ihre Hosentasche und zog das kleine Gerät heraus. »Für wie doof hältst du mich eigentlich?«

»Man wird ja noch mal fragen dürfen«, antwortete Marc beleidigt. »Hoffentlich ist der Akku voll.«

In diesem Moment bogen sie in die Schilfstraße ein und sahen das Schulgebäude auf der linken Straßenseite.

»Jetzt lasst uns da langsam vorbeifahren«, meinte Kerstin. »Hoffentlich sehen die uns.«

»Darauf kannst du Gift nehmen.«, lachte Marc. »Die wollen ja etwas Wichtiges von uns haben.«

Sie hielten nach dem dunklen Kastenwagen und verdächtigen Personen Ausschau, aber leider ohne Erfolg.

Nachdem sie die Schule hinter sich gelassen hatten, hielten sie am Straßenrand an.

»Und was machen wir nun?«, fragte Kerstin ratlos.

In diesem Augenblick klingelte das Handy in Sandras Hosentasche. Während sie mit Freddies Entführern sprach, standen ihre Freunde aufgeregt um sie herum.

»Ja, okay, machen wir«, beendete Sandra das Gespräch und legte auf. »Hört zu«, begann sie ihre Freunde über ihr Gespräch zu informieren. »Die müssen uns tatsächlich beobachtet haben. Sie wissen, dass wir alleine unterwegs sind und das Elvis nicht dabei ist. Wir sollen in den Maudacher Bruch fahren. Zuerst am Michaelsberg vorbei, dann zwischen Schreier- und Jägerweiher hindurch aufs offene Feld immer weiter nach Norden. Kurz hinter dem Jägerweiher liegen rechts jede Menge Schrebergärten. Wir sollen bis zum Einfahrtstor des Hintereingangs fahren und dort auf weitere Instruktionen warten.«

»Na, dann mal los«, sagte Kevin. »Da haben wir noch ein ganz schönes Stück vor uns.«

»Außerdem haben die Gauner die Strecke geschickt ausgewählt«, fügte Sandra hinzu. »Autos dürfen dort nicht fahren und man kann leicht kontrollieren, ob uns nicht doch jemand in größerem Abstand folgt.«

Bereits zwei Minuten später erreichten die vier den Ortsrand. Unmittelbar daran schloss sich der Wald an. Bereits nach zweihundert Metern erreichten sie das freie Feld. Dort bogen sie nach rechts zu den Weihern ab.

»Seht mal, auf der rechten Seite.« Kerstin deutete auf einen größeren Hügel. »Das ist der Michaelsberg. Nur wenige wissen, dass der Berg nur aus Müll besteht. Da haben die Ludwigshafener Jahrzehnte lang ihren ganzen Dreck abgeladen. Da der Müll inzwischen verbrannt wird, hat man die Deponie geschlossen und den Berg begrünt. Nun kann man darauf spazieren gehen.«

Niemand interessierte sich für Kerstins Ausführungen. Zu angespannt war die Lage. Die Konfrontation mit Freddies Entführern schien unmittelbar bevorzustehen.

Die wilden Vier fuhren weiter Richtung Norden. Den Jägerweiher hatten sie schon hinter sich gelassen. In der Ferne konnte man die Geräuschkulisse der Autobahn hören.

»Wie weit müssen wir noch fahren?«, fragte Kevin ungeduldig.

»Nur noch einen kurzen Augenblick, Bruderherz«, antwortete seine Schwester. »Gleich haben wir unser Ziel erreicht.«

Kurz darauf bogen sie an einer Wegkreuzung rechts ab und erreichten den Eingang zu den Schrebergärten.

»In dieser Idylle sollen sich die Gauner aufhalten?«, fragte Sandra ungläubig.

»Vielleicht sind wir noch gar nicht am endgültigen Ziel und müssen noch weiter«, mutmaßte Marc.

Die vier stiegen von ihren Rädern und schauten neugierig in die Gartenanlage.

»Da scheint nicht gerade viel Betrieb zu sein«, meinte Kerstin.

»Für die Gartenbesitzer dürfte es inzwischen zu kalt geworden sein«, vermutete Sandra. »Diese kleinen Steinhäuschen auf den Parzellen verfügen zwar alle über Heizung, aber die Gartensaison ist für dieses Jahr endgültig vorbei.«

»Also ein ideales Versteck für unsere Freunde«, meinte Sandra. »Aber warum klingelt dieses blöde Handy nicht? Diesmal lassen die uns ewig warten.«

»Das könnte zweierlei bedeuten«, schlussfolgerte Kevin. »Entweder sind die Gauner selbst noch nicht am Ziel oder sie sind nicht in unserer Nähe und wollen etwas warten, um sicher zu gehen, dass wir wirklich hier am Eingang stehen.«

Die wilden Vier mussten fast fünf endlose Minuten warten, ehe das Handy läutete.

Auch dieses Mal sprach Sandra mit den Entführern. Die Mitteilung schien sehr kurz zu sein, denn nach weniger als einer Minute war das Gespräch beendet.

»Auf geht’s, wir müssen weiter. Wir sollen den Hauptweg quer durch die Anlage fahren und auf dem großen Parkplatz am anderen Ende warten. Sie würden sich dann wieder melden.«

Die vier radelten den breiten Weg entlang. Auf einmal zog Kevin schlagartig die Bremse. Da er vorne fuhr, kam es fast zu einem Auffahrunfall.

»He, was soll das, Kevin? Sollen wir wegen dir stürzen?«

»Seid mal ruhig. Ich habe was gesehen.« Blitzschnell stieg er von seinem Rad und lehnte es an einen Zaun.

»Bleibt am besten hier stehen. Ich glaube, ich habe im letzten Seitenweg den Kastenwagen gesehen. Ich schleiche mich mal an und sondiere die Lage.«

»Ich glaube, das muss ein anderer Wagen sein«, sagte Marc. »Die Gauner warten bestimmt auf dem Parkplatz auf uns.«

»Ich weiß nicht«, sagte Sandra. »Es könnte schon möglich sein, dass Kevin Recht hat. Die Entführer halten Freddie bestimmt in einem dieser Häuschen gefangen. Von uns wollen sie bloß den Ring. Daher gibt es für sie keine Veranlassung, uns zu ihrem Versteck zu führen.«

Kevin war bereits verschwunden. Er ging bis zur letzten Wegkreuzung zurück und schaute vorsichtig um die Ecke. Es war kein menschliches Wesen zu sehen. Bäume und Büsche als Deckung nehmend, schlich er näher. Tatsächlich, es war der bekannte schwarze Kastenwagen mit den abgedunkelten Scheiben. Und dahinter stand auch die Harley-Davidson. Kevin schlich weiter bis zum Wagen. Er versuchte, etwas auf dem angrenzenden Gartengrundstück zu erkennen.

Auf dem Rasen stand ein Campingtisch mit vier Stühlen. Auf dem Tisch lagen mehrere Schraubendreher und Zangen. Daneben erkannte er bei genauerem Hinsehen einen Fotoapparat und mehrere Objektive. Das kleine Haus, das am hinteren Ende des Grundstücks lag, gab keine Hinweise auf mögliche Bewohner. Die Vorhänge waren zugezogen. Kevin wartete einen Augenblick, ohne dass sich etwas Verdächtiges bewegte.

Dann hatte er genug gesehen. Geduckt schlich er auf dem gleichen Weg zu seinen Freunden zurück. Dort wartete er mit einer Überraschung auf.

»Das ist der gesuchte Wagen. Hier sind wir richtig. Es scheint sich im Moment niemand dort aufzuhalten. Ach noch was, ich kenne einen der Entführer mit Namen.«

Frage: Wen meinte Kevin und warum war er sich so sicher?

Antwort: .nessal nerhüftne redurB nenegie nenies lliB ettah hcan niehcsnA mellA .tkcedtne nosdivaD-yelraH slliB ettah niveK

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 6

Cover Die wilden Vier - Band 3

Entführt

Autor: Harald Schneider

»Na klar«, entfuhr es Kerstin. »Wie konnte uns das nur entgehen? Logisch, es gibt drei Papageien, Coleman hat aber nur zwei Stück davon an Protzig weitergegeben.«

»Er hat uns von dem dritten Vogel überhaupt nichts erzählt«, ergänzte Kevin. »Den hat er einfach verschwiegen. Das finde ich äußerst seltsam.«

Marc stand voller Tatendrang auf. »Los, auf was wartet ihr? Lasst uns zu Coleman fahren und diesen Ara suchen! Hoffentlich hat er den nicht auch verschenkt.«

Da in diesem Moment gerade die passende Straßenbahn vorfuhr, stiegen die wilden Vier ohne zu zögern ein und fuhren über den Rhein zurück nach Ludwigshafen.

»Zuerst müssen wir aber nach Hause, um unsere Fotoapparate zu holen«, hielt Sandra die anderen auf. »Schließlich brauchen wir einen Grund, um bei unserem amerikanischen Freund Freddie Coleman aufzutauchen.«

»Ob das wirklich unser Freund ist, wird sich noch zeigen«, zischte Kevin.

»Kommt, wir fahren mit dem Fahrrad nach Maudach. Dann sind wir nicht auf den Busfahrplan angewiesen und können uns das Umsteigen in der Gartenstadt sparen«, meinte Kerstin.

»Wie wär’s, wenn wir uns von Kommissar Greulich fahren lassen?«, schlug Sandra verschmitzt vor. Doch es war allen klar, dass sie das nicht im Ernst gemeint hatte.

Es war bereits Nachmittag, als die wilden Vier Richtung Maudach radelten. Marc handelte ziemlich unvernünftig, denn er hatte seinen geliebten Elvis mitgebracht, den er bei seinem Onkel Franz abgeholt hatte.

»Ich kann ihn doch unmöglich solange alleine lassen«, verteidigte er sich, als die anderen ihn darauf ansprachen. »Außerdem hat Onkel Franz im Moment so wenig Zeit, mit ihm Gassi zu gehen. Mit uns kann Elvis sich so richtig austoben.«

»Hoffentlich tobt er sich nicht an den Vögeln aus«, erwiderte Kevin. »Sonst schmeißt uns Coleman hochkantig raus. Und dann ist unser Abenteuer vorbei, bevor es richtig angefangen hat.«

Sie nahmen eine kleine Abkürzung durch den Maudacher Bruch, die für Autos nicht zugelassen war. Sie kamen gerade in dem Moment bei der Papageienzuchtstation an, als der dunkle Kastenwagen, den sie bereits von ihrem ersten Besuch kannten, aus der Hofeinfahrt herausgeschossen kam und die vier beinahe über den Haufen fuhr. Kerstin, die vorne radelte, konnte gerade noch den Lenker herumreißen.

»Was ist das denn für ein Idiot!«, schrie sie wütend. Auch der arme Dalmatiner hatte sich heftig erschrocken und kläffte aufgeregt dem davonbrausenden Wagen hinterher.

»Habt ihr gesehen, ob Coleman drinsaß?«

Marc, der von seinem Rad abgesprungen war, erwiderte außer Atem: »Durch die dunkel getönten Scheiben konnte man überhaupt nichts erkennen.«

Kopfschüttelnd schoben die wilden Vier ihre Räder durch das offenstehende Tor in den Hof hinein. Und dort wartete die nächste Überraschung auf das Team. Die ältere Frau, die sie schon das letzte Mal gesehen hatten, kam ihnen tränenüberströmt entgegengelaufen.

»Meinen Sohn, sie haben meinen Sohn entführt! Ach du lieber Himmel, sie haben meinen Freddie einfach mitgenommen. Was soll ich bloß machen?«

Sandra ließ ihr Fahrrad fallen und nahm die Frau tröstend in den Arm. »Beruhigen Sie sich erst einmal. Wir werden Ihnen helfen. Was ist denn passiert? Wer hat Ihren Sohn entführt? Kennen Sie diese Leute?«

Die Frau vergrub verzweifelt ihren Kopf in beiden Händen und weinte unaufhörlich weiter. Wahrscheinlich hat sie noch gar nicht mitbekommen, dass um sie herum jemand stand. Nach einer Weile begann sie zögernd zu sprechen. »Ich kenne die Männer nicht. Was werden die nur mit meinem Freddie machen? Ich habe ihn doch immer gewarnt!«

Sandra schaute ihre Gefährten fragend an. Was meinte die Frau damit?

»Lassen Sie uns ins Haus gehen, um die Polizei zu rufen, die wird bestimmt sofort kommen und nach den Entführern fahnden«, sagte Sandra, um Frau Coleman zu beruhigen.

»Die Polizei? Seid ihr verrückt? Die Kerle haben damit gedroht, dass ich meinen Sohn nie mehr wiedersehen werde, wenn ich die Polizei einschalte!«

»Ja aber, was haben die Entführer denn von Ihrem Sohn gewollt? Haben sie ein Lösegeld gefordert?«, wollte Kevin wissen.

Die Frau weinte wieder heftiger. Deshalb dauerte es eine Weile, bis sie antworten konnte. »Ich weiß nicht, was sie wollten. Zuerst sind sie zu meinem Sohn ins Büro gegangen, dann haben sie dort lange mit ihm gestritten und schließlich haben sie ihn einfach in den schwarzen Kastenwagen geworfen und mitgenommen. Der Wagen gehört meinem Sohn Bill, das ist Freddies Bruder.«

»Haben Sie mit den Entführern gesprochen? Wie viele Gauner waren es?«, fragte Marc aufgeregt.

Freddies Mutter wischte sich die Tränen aus den Augen, sah ihn lange an und überlegte angestrengt, bevor sie mit weinerlicher Stimme antwortete: »Zwei Kerle waren es, so groß und breit wie Kleiderschränke. Ich wollte gerade ins Büro gehen und nachschauen, was der ganze Lärm zu bedeuten hatte, als sie in diesem Moment mit Freddie rauskamen. Er war geknebelt und gefesselt. Die Gangster haben mir drohend zugerufen, dass sie sich bald wieder melden werden und ich das Gelände auf keinen Fall verlassen darf. Dann waren sie mit ihm noch kurz bei den Volieren und danach haben sie ihn im Wagen mitgenommen.«

»Kommen Sie, Frau Coleman, gehen wir ins Büro«, schlug Kerstin vor. »Vielleicht können wir eine Spur finden und herausfinden, was die beiden Kerle von ihrem Sohn wollten.«

Bereitwillig ließ sich Frau Coleman ins Büro führen. Ein Schild, auf dem ›Zum Büro‹ stand, zeigte den wilden Vier den richtigen Weg.

»Oje, oje!« Freddies Mutter schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als sie das Chaos in dem Zimmer sah. Alle Schränke, Schubladen und Regale waren durchsucht, Ordner und allerlei Bürokram lagen verstreut auf dem Boden herum.

»Die haben gewütet wie die Vandalen«, bemerkte Sandra kopfschüttelnd.

Kerstin führte Frau Coleman zu einem gepolsterten Ledersessel. »Setzen Sie sich. Wir schauen uns mal ein bisschen um.«

Die wilden Vier begannen, sich intensiv in dem Raum umzuschauen. Das Büro bestand aus einem großen, rechteckigen Raum, der in der Mitte durch einen Raumteiler teilweise abgetrennt war. Neben dem Schreibtisch des Chefs mit dem Ledersessel gab es zwei weitere Schreibtischplätze, die mit Computern ausgestattet waren. Mit Ausnahme der breiten Fensterseite und der Tür waren alle Wandflächen mit Aktenschränken und Regalen zugestellt. Für die Größe des Büros schien es viel zu viele Akten, Papier und Krimskrams zu geben. Zu allem Überfluss standen nämlich auch noch ein knappes Dutzend tragbarer Vogelkäfige auf dem Boden herum. Dazu mehrere Kartons mit diversem Vogelfutter, ein Werkzeugkasten, ein Sammelsurium an Trinkgefäßen für Papageien und vieles mehr.

»Mann, o Mann«, stöhnte Kevin. »Hier hat es vor der Durchsuchung wahrscheinlich auch nicht viel aufgeräumter ausgesehen.«

Frau Coleman hatte sich inzwischen so weit beruhigt, dass sie wieder aufstehen konnte. Sie lief zwischen den verstreuten Sachen herum und schüttelte ohne Unterlass den Kopf.

»O Freddie, warum hast du es nur soweit kommen lassen?«, sprach sie wohl eher zu sich selbst.

»Was meinen Sie damit? Hat sich Ihr Sohn etwas zuschulden kommen lassen?«, hakte Sandra nach.

»Freddie? Nein, niemals! Mein Freddie doch nicht!«

Erneut schluchzend ließ die verzweifelte Frau sich in den Sessel fallen, bevor sie weitersprach. »Ich weiß es nicht. Er hat mir nie etwas gesagt. Aber immer hatte er einen Haufen Geld in den Taschen und gab es mit vollen Händen aus. Einmal habe ich Belege von einer Spielbank gefunden. Er muss dort sehr viel Geld verloren haben. «

»Und Sie haben keine Ahnung, wo er das viele Geld herhaben könnte?«, fragte Kevin.

»Er und Bill behaupten immer, die Papageienzucht wäre sehr rentabel. Ich habe das nie so richtig geglaubt. Wie oft habe ich den beiden gesagt, sie sollen mit ihren dubiosen Geschäften aufhören. Aber sie haben bloß gelacht. Mutter, haben sie gesagt, du hast von der modernen Betriebswirtschaft einfach keine Ahnung.«

Da es das zweite Mal war, dass die Frau ihren Sohn Bill erwähnte, hakte Marc nach. »Haben Ihre Söhne beide in dieser Papageienzucht gearbeitet? Wir dachten, dieses Geschäft gehöre nur Freddie.«

»Ach Bill.« Frau Coleman seufzte. »Der ist das schwarze Schaf in der Familie. Er fährt nur mit seinem schweren Motorrad durch die Gegend und macht laufend Urlaub in allen möglichen exotischen Ländern, um angeblich neue Lieferanten für Papageien zu finden. Aber in Deutschland kümmert sich ausschließlich Freddie ums Geschäft. Bill kommt nur, wenn er Geld braucht.«

Aha, dachten sich die vier Jugendlichen. Dann war das Bill, der sich bei ihrem letzten Besuch lautstark mit seinem Bruder gestritten hatte und dann mit der Harley-Davidson vom Hof gefahren war.

»Können wir Ihren Sohn Bill irgendwo erreichen, Frau Coleman?«, fragte Marc. »Vielleicht kann er uns weiterhelfen und weiß, was die Entführer von seinem Bruder wollten?«

»Ich habe keine Ahnung, wo er sich herumtreibt. Ich weiß nur, dass er im Moment in Deutschland ist. Er lässt sich aber nur blicken, wenn er was braucht, ansonsten ist er nicht auffindbar. Gestern hat er mit Freddie gestritten, weil irgendwelche Papiere nicht in Ordnung waren.«

»Hm«, sagte Kevin plötzlich. »Ich hab da so eine Vermutung, was die Entführer gesucht haben könnten. Lasst uns mal zu den Volieren gehen.«

Erstaunt sahen ihn die anderen an. Was konnte er nur meinen?

Während sie gemeinsam mit Freddies Mutter das Büro verließen und zwischen den Nebengebäuden zu den Volieren gingen, klärte Kevin sie auf: »Ich bin mir sicher, dass die Entführer nicht gefunden haben, was sie suchten. Wahrscheinlich haben sie sogar nur aus diesem Grund Freddie entführt.«

»Klingt logisch«, sagte Sandra. »Bloß was?«

»Warte mal ab. Bevor die beiden Kerle zum Schluss mit dem gefesselten Freddie davongefahren sind, waren sie hinten bei den Vögeln. Ist das richtig, Frau Coleman?«

»Ja, aber sie waren nur ganz kurz dort. Ich weiß nicht, was sie bei den Volieren gemacht haben.«

»Aber ich kann es mir so langsam denken«, sagte Kevin stolz. »Helft mir mal suchen. Wow, das sind ja wirklich eine Menge Vögel hier. Wir suchen eine Voliere, in der nur ein einziger hellroter Ara sitzt.«

»Du meinst nicht etwa das dritte Exemplar vom Hauptzollamt?«, rief Marc aufgeregt.

»Doch, genau dieses Exemplar suchen wir jetzt. Ich bin mir sicher, dass es sich irgendwo in einer der Volieren befindet. Wenn wir den Vogel gefunden haben, weiß ich genau, was die Entführer gesucht haben.«

Die wilden Vier mussten jede Voliere einzeln inspizieren, denn auch Frau Coleman hatte keine Ahnung, ob und wo sich hier ein Ara befand.

Nach einer Weile wurde Marc fündig. Er hatte vorsichtshalber zuvor Elvis im Hof an einen Fahrradständer gebunden, dann war er den anderen gefolgt. Voller Stolz rief er seine Kameraden zu sich.

Da sie keine weiteren Aras finden konnten, waren die wilden Vier so gut wie sicher, dass es sich um den fehlenden dritten Papagei aus dem Hauptzollamt Mannheim handelte.

Kevin ging ganz nah an den Käfig und betrachtete den Vogel sehr genau und ausgiebig. Schließlich sagte er zu seinen Kameraden: »Ich bin mir jetzt absolut sicher, dass dies unser Vogel ist. Außerdem bin ich mir ganz sicher, was die Entführer gesucht, aber nicht gefunden haben!«

Frage: Warum war sich Kevin so sicher? Was haben die Entführer gesucht?

Antwort: .ettah tkcetsrev ereipaP eid dnu gniR ned re ow ,nerhafre uz mhi nov mu ,eidderF eis netrhüftne blahseD .nednufeg thcin ereipaP nedneröheguzad eid dnu gniR neseid nettah nevonaG eiD .ettah nieB ma remmunreirtsigeR tim gniR neniek iegapaP ethcuseg red ssad ,tkcedtne ettah niveK

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 5

Cover Die wilden Vier - Band 3

Wer lügt?

Autor: Harald Schneider

Auf der Rückfahrt ins Polizeipräsidium erzählte Kommissar Greulich, dass er den Fall wahrscheinlich zu den Akten legen wird. Auf der einen Seite ermittelte das Hauptzollamt, auf der anderen Seite handelte es sich nur um einen gewöhnlichen Diebstahl. So etwas klärte sich mit viel Glück irgendwann per Zufall auf, wenn zum Beispiel die Papageien weiterverkauft wurden.

Am Präsidium angekommen, verabschiedete Greulich die Jugendlichen. »Jetzt wisst ihr, was Polizeiarbeit bedeutet. Man lernt allerhand skurrile Personen kennen, aber im Grunde ist es immer das gleiche. Tut mir leid, dass dies kein Fall für euch ist. Normale Diebstähle kommen täglich vor. Bis zu zehn Fahrräder werden jeden Tag im Rhein-Neckar-Raum gestohlen. Nur ein Bruchteil davon taucht wieder auf.«

»Ja, wir waren erst kürzlich bei einer Fahrradversteigerung«, meinte Kevin todernst.

Der Kommissar sah ihn erstaunt an, bis ihm der Groschen fiel. »Ach so, ja, im Keller des Rathauscenters. Euer letzter Fall. Na ja, dann macht es mal gut. Wie wäre es zur Abwechslung mit ein paar Schulstreichen, damit ich wieder was zu lachen habe?«

»Wir werden uns die größte Mühe geben«, verabschiedete sich nun auch Kevin. Lachend und winkend trennten sie sich.

Mit einem Blick auf ihre Armbanduhr meinte Sandra: »Es ist noch ziemlich früh, wir könnten im Clubraum noch die Sachlage besprechen.«

»Mir dampft der Schädel«, meinte Marc. »Das ist alles so kompliziert.«

»Das ist es ja eben«, bekräftigte Kerstin. »Ich glaube, wir sind hinter einem richtig großen Ding her. Der Diebstahl ist nur ein kleiner Teil davon. Hier geht es um viel mehr.«

Eine halbe Stunde später hatten es sich die wilden Vier in ihrem Raum gemütlich gemacht. Elvis lag wie immer auf seiner Lieblingsdecke vor der Couch und ließ sich kraulen.

»Halten wir also fest«, legte Sandra los. »Wir haben ein paar Papageien, die mit falschen Papieren am Frankfurter Flughafen ankommen und für Mannheim bestimmt sind. Dann haben wir einen Papageienzüchter, der nicht weiß, dass Kakadus in Australien leben. Schließlich einen Parkverwalter, der es eigentlich nicht mehr nötig hat, arbeiten zu gehen. Und dann noch die verschwundenen Papageien.«

»Ich glaube, wenn wir die Papageien gefunden haben, haben wir auch des Rätsels Lösung«, meinte Kevin.

Marc schüttelte energisch den Kopf. »Die Papageien spielen in dieser Geschichte vielleicht gar nicht die Hauptrolle. Wichtiger könnten die Ringe und die Papiere sein, die verschwunden sind.«

»Wer könnte uns nur weiterhelfen?«, überlegte Kerstin. »Protzig hat die Papiere nie gesehen, und ob er die Ringe begutachtet hat, wissen wir nicht. Coleman hat die Papiere angeblich verlegt. Das können wir glauben oder nicht. Wir können ja schlecht bei ihm einbrechen.«

»Irgendwie müssen wir aber an weitere Informationen gelangen«, meinte Sandra. »Von unserem Kommissar haben wir im Moment nichts zu erwarten, der will den Fall zu den Akten legen. Wir könnten Protzig aufsuchen und ihn nach den Ringen fragen. Wenn der dann aber Greulich davon erzählt, ist das ziemlich blöd. Bei Coleman können wir vorbeifahren. Denn der hat uns ja eingeladen, um alles zu fotografieren.«

Marc winkte ab. »Denkst du, der lässt die Papiere einfach so rumliegen? Die hat er bestimmt längst versteckt oder verbrannt.«

»Hm, so kommen wir auf keinen Fall weiter. Das sind zwar alles Dinge, die wir tun sollten, ob uns das aber entscheidend weiterhilft, mag ich bezweifeln.« Kerstin verzog ärgerlich das Gesicht und schwieg.

Nach einiger Zeit machte Marc einen vernünftigen Vorschlag. »Lassen wir diesen Fall erst mal bis morgen ruhen und schlafen eine Nacht drüber. Vielleicht fällt uns bis morgen Mittag etwas ein.«

Daher trennten sich die wilden Vier bis zum nächsten Morgen.

Zu Schulbeginn erwartete sie die erste Überraschung. Eigentlich war es keine Überraschung, doch alle vier hatten die Mathearbeit in der ersten Stunde vergessen. Das war ein schwerer Schlag, vor allem für Kevin. Die Gleichungen, die zu lösen waren, tanzten ihm vor den Augen. Unlösbar, dachte er. Doch auf einmal erinnerte er sich daran, dass man in der linken Hälfte der Gleichung immer die gleiche Rechenoperation wie in der rechten Hälfte der Gleichung durchführen muss. Kurzentschlossen setze er beide Seiten der Gleichung in Klammern und multiplizierte sie mit Null. So stand dann als Lösung 0 = 0 auf seinem Blatt. Vom logischen Standpunkt sicher richtig, doch ob sein Lehrer mit dieser genialen Lösung einverstanden sein würde?

In der großen Pause trafen sich die vier Freunde an der abseits gelegenen Sitzbank am hinteren Ende des Schulhofes.

Kevin wollte gerade von seiner Heldentat bei der Mathearbeit berichten, da fiel ihm Marc ins Wort: »Ich weiß, was wir nach der Schule machen. Wir fahren mit der Straßenbahn nach Mannheim. Die Linie 6 fährt direkt dorthin, dann brauchen wir nicht umzusteigen.«

»Ja, Marc, wir wissen, dass Mannheim am anderen Rheinufer gegenüber von Ludwigshafen liegt«, meinte Kerstin lakonisch. »Was sollen wir in Mannheim?«

»Versteht ihr denn nicht? In Mannheim ist eine Niederlassung des Hauptzollamtes. Dort können wir mehr über die Herkunft der Papageien erfahren.«

»Und du denkst, die erzählen uns einfach alles, wenn da ein paar Teenager auftauchen?«, maulte Kevin.

»Nun ja, irgendeine Story müssen wir uns schon einfallen lassen. Ein Versuch ist es doch wert, oder?«

Sandra nickte eifrig. »Und ich weiß auch schon wie. Wir spielen wieder Reporter für die Schülerzeitung. Damit kommen wir durch!«

Entgegen der ursprünglichen Absicht fuhren die wilden Vier nicht mit der Linie 6 bis nach Mannheim, sondern stiegen in Ludwigshafen an der Haltestelle Berliner Platz in die Linie 3, die ebenfalls nach Mannheim fuhr. Kerstin hatte auf dem Stadtplan nachgeschaut und herausgefunden, dass sich das Hauptzollamt direkt neben dem Hauptbahnhof befand. Dort hielt aber nur die Linie 3.

Marc hatte seinen schwarzweiß gefleckten Freund sicherheitshalber bei seinem Onkel Franz gelassen.

»Wenn dort der Eintritt für Hunde verboten ist, müsste ich mit Elvis draußen warten«, erklärte er.

Das Zollamt befand sich in einem älteren Nebengebäude des gerade frisch renovierten Hauptbahnhofes. Ein Schild mit dem Bundesadler besagte, dass dies der Sitz der Behörde war.

Die wilden Vier gingen in das Gebäude und waren von der Größe überrascht. Nach drei Seiten gingen lange Gänge ab und rechts vor ihnen war eine breite Treppe, die nach oben führte. Menschen liefen an ihnen vorbei, ohne sich um die vier zu kümmern. Einen Empfang schien es in diesem Amt nicht zu geben.

»Entschuldigen Sie«, sprach Kerstin eine Frau an, in der Hoffnung, dass sie hier arbeitete. »Können Sie uns sagen, wo wir Informationen über Papageien bekommen können?«

Die Frau musste nicht lange überlegen. »Importabteilung bedrohte Tiere, da müsst ihr diesen Gang nach rechts, in Zimmer 43. Dort sitzt ein Herr Herrmann.«

Kerstin bedankte sich bei der Frau und die Jugendlichen machten sich auf den Weg.

Vor Zimmer 43 blieben sie stehen. Die Tür stand offen.

Unentschlossen standen sie da, als sie von innen eine Stimme vernahmen: »Kann ich euch irgendwie helfen?«

Rasch trat Kevin vor. »Sind Sie Herr Herrmann?«

»Der bin ich. Kommt nur rein, wo drückt der Schuh?«

»Guten Tag, wir kommen von der Schülerzeitung des Schulzentrums Mundenheim«, übernahm Kevin das Wort. »Wir schreiben eine Reportage über die Papageien des Ebert-Parks. Während wir mitten in unserer Arbeit waren, wurden sie gestohlen. Deshalb sind wir hier.«

Herr Herrmann schaute verdutzt. »Ich glaube nicht, dass ihr bei mir an der richtigen Stelle seid. Für solche Delikte ist die Polizei zuständig.«

»Mein Bruder hat sich nicht richtig ausgedrückt«, verbesserte Kerstin. »Es geht nicht um den Diebstahl, sondern um die Geschichte drum herum. Über den Diebstahl weiß die Polizei natürlich längst Bescheid und hat schon mit ihren Ermittlungen begonnen.«

»Ach, so ist das. Nun bin ich aber gespannt. Jetzt setzt euch zuerst mal und erzählt von Anfang an, um was es eigentlich geht.« Herr Herrmann deutete auf eine kleine Sitzgruppe vor seinem Schreibtisch.

»Der Ebert-Park hat Aras geschenkt bekommen. Von einem Freddie Coleman aus Ludwigshafen-Maudach«, erklärte Kevin.

Ihr Zuhörer horchte auf, diesen Namen schien er zu kennen.

»Dieser Coleman hat uns erzählt, dass er die Aras von ihnen bekam, da sie beschlagnahmt wurden«, fuhr nun Sandra fort. »Wir wüssten gerne für unsere Reportage, wo die Papageien herkamen.«

»Diesen Coleman kenne ich«, antwortete Herr Herrmann. »Ab und zu bekommt der von uns Vögel, wenn wir sie beschlagnahmen und nicht an einen Zoo vermitteln können. Ich kann mich an die Geschichte erinnern, ist ja erst ein paar Tage her. Einen Moment, ich schaue nach, die Akten habe ich in meinem Büro liegen.« Herr Herrmann stand auf und ging zu einem alten Aktenschrank. Er las die Archivnummern auf den farbigen Aktendeckeln und zog schließlich ein Paket Papiere heraus.

»Hier haben wir es ja. Letzten Mittwoch kam die Kiste mit dem Flug aus Rio de Janeiro in Frankfurt/Main an. Zieladresse Mannheim, hauptpostlagernd. Das ist bei Tiersendungen in Deutschland nicht zulässig. Deshalb wurde das Paket an uns geschickt. Wir fanden die drei Papageien und entdeckten, dass die Papiere gefälscht waren. Auch der auf den Ringen befindliche Zahlencode ergab keinen Sinn. Auf keinen Fall handelte es sich bei der Zahlenreihe um den Geburtszeitpunkt der Vögel. Auch die codierte Zuchtstation gibt es nicht. Da die Sendung postlagernd war, konnten wir keinen Empfänger ausfindig machen. Deshalb haben wir die Aras an die Zuchtstation von Herrn Coleman in Ludwigshafen weitergegeben.«

»Haben Sie Herrn Coleman auch die Begleitpapiere mitgegeben?«, wollte Marc wissen und schaute Herrn Herrmann dabei fest in die Augen.

»Nein, es gab ja keine legalen Papiere, nur die Fälschungen. Aber er hat von uns eine Bestätigung bekommen, dass er die Tiere rechtmäßig von uns erhalten hat.«

»Kommt so etwas öfters vor?«, hakte Sandra nach.

»Dass Tiere geschmuggelt werden, kommt häufig vor«, bestätigte Herr Herrmann. »Dann gibt es keine Papiere. Hier ist der Fall ziemlich rätselhaft. Papiere waren ja vorhanden, aber keine richtigen. Es waren laienhafte Fälschungen, ein Kenner hätte wenigstens sinnvolle Zahlencodes für die Ringe genommen. Das Ganze ist zwar ziemlich mysteriös, aber wir können leider nichts weiter unternehmen, denn die Aras kamen aus Brasilien und in Südamerika können wir leider nicht nachforschen.«

»Haben Sie die Nummern auf den Beringungen notiert? Vielleicht könnte man daraus irgendwelche Schlüsse ziehen?«, fragte Sandra hoffnungsvoll nach.

»Da muss ich dich enttäuschen. Nachdem feststand, dass diese Nummern keinen Sinn ergaben, hat man sich nicht weiter damit befasst.«

»Seltsam, dass die Vögel kurz darauf gestohlen wurden«, überlegte Marc. »Ohne legale Papiere sind die bestimmt unverkäuflich.«

Herr Herrmann nickte. »Im Prinzip schon, mein Junge. Leider gibt es einen großen Schwarzmarkt, dort werden solche Vögel auch ohne Beringung angeboten. Ich denke, eure Aras werdet ihr nicht mehr wiedersehen. Vielleicht solltet ihr für eure Schülerzeitung eine Reportage über ein anderes Thema schreiben.«

»Ich glaube, Sie haben Recht, Herr Herrmann«, stimmte Kerstin rasch zu. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, wenigstens wissen wir jetzt, wo diese Vögel herkamen.«

»Keine Ursache, ich habe gern geholfen. Auf Wiedersehen.«

Die Jugendlichen gaben Herrn Herrmann die Hand, verließen sein Büro und liefen den Flur entlang in Richtung Gebäudeausgang.

Vor dem Hauptbahnhof setzten sie sich auf eine Bank und unterhielten sich über das gerade Erlebte.

»Na, das war jetzt schon wieder eine Sackgasse. Legale Registrierungspapiere hat es nie gegeben, da hat Coleman auch gelogen.«

»Das ist aber noch nicht alles«, fiel Kevin seiner Schwester ins Wort. »Coleman hat noch bei etwas viel Wichtigerem gelogen. Er hat uns etwas verheimlicht. Ich denke, wir sollten schnellstmöglich zu ihm fahren. Selbstverständlich als Fotografen getarnt.«

Frage: Wo hatte Coleman gelogen? Was hat er verheimlicht?

Antwort: .ettah nebegegretiew kraP-trebE ned na iewz run re ad ,nebah iegapaP nenie hcon osla ssum nameloC .neiegapaP ierd nov hcarps nnamrreH rreH

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 4

Cover Die wilden Vier - Band 3

Unterwegs mit Kommissar Greulich

Autor: Harald Schneider

»Sonnenklar, das muss ein Ehering sein. Wenn der einem der Diebe gehört, wissen wir zumindest, wann er geheiratet hat. Ob uns das weiterhilft, ist fraglich.«

»Im Moment nicht. Aber wer weiß, wozu wir die Information einmal gebrauchen können.«

»Noch was«, ergänzte Kerstin. »Ich habe im Internet recherchiert. Die Registrierungsnummer bei Papageien gibt nicht nur über den Tag der Geburt, sondern auch über das Herkunftsland und den Züchter Auskunft. Mit dieser Nummer kann man den kompletten Stammbaum der Vögel nachvollziehen.«

Bei dem Wort ›Baum‹ wurde Elvis hellhörig und winselte unter dem Tisch.

»Gleich gehen wir, Elvis. Wie kann man nur so verrückt nach Bäumen sein?« Marc schüttelte nachsichtig den Kopf.

Die wilden Vier machten sich auf den Weg zum Polizeipräsidium.

»Aber kein Sterbenswörtchen zu Greulich über den Ring und den Gipsabdruck, in Ordnung? Diese Dinge wollen wir zunächst für uns behalten«, beschwor Sandra ihre Kameraden auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle.

Heute kamen die Vier und ihr Dalmatiner ohne Probleme bis zu Kommissar Greulichs Bürotür. Kerstins Fingerknöchel hatten kaum die Tür berührt, als die bekannte schnarrende Stimme von Kommissar Greulich »Herrrrein« rief.

Schwungvoll öffneten sie die Tür und stutzen. Der Kommissar war nicht alleine. Ein Mitvierziger in einem teuren Anzug saß ihm am Schreibtisch gegenüber. An seinem linken Handgelenk trug er eine goldene und wahrscheinlich sehr wertvolle Uhr. Eine dicke Goldkette, sichtbar um den Hals geschlungen, vervollständigte das Bild eines Menschen, der mit seinem Reichtum protzte.

»Hallo, da seid ihr ja!« Greulich stand auf und begrüßte die Jugendlichen. Selbst Elvis bekam ein paar Streicheleinheiten.

Dann zeigte der Kommissar auf die zweite erwachsene Person im Raum. »Darf ich euch vorstellen? Das ist Herr Protzig. Er ist bei der Stadtverwaltung angestellt und ist für die Tiere im Ebert-Park zuständig.«

Herr Protzig machte sich nicht die Mühe aufzustehen.

»Guten Tag, freut mich, euch kennen zu lernen. Der Herr Kommissar hat mir schon von euch erzählt.«

Während es sich die Jugendlichen an dem Besprechungstisch bequem machten, begann Greulich zu erzählen: »Ich war gestern mit Herrn Protzig am Tatort. Wir haben uns ein Bild von dem Diebstahl gemacht.«

Keiner der wilden Vier sagte ihm, dass sie das bereits wussten.

»Es scheint sich allerdings um einen gewöhnlichen Diebstahl zu handeln. Herr Protzig sagte mir, dass Papageien gerne gestohlen und gehandelt werden.«

»Ja«, bestätigte Herr Protzig. »Durch die strengen Zuchtbestimmungen ist die Nachfrage wesentlich höher als das Angebot, das treibt den Preis in die Höhe. Ich möchte aber nochmals wiederholen, Herr Kommissar, dass es noch nie einen Diebstahl in meinem Park gegeben hat. Es ist mir unerklärlich, wie das passieren konnte.«

»Ich kann Ihnen nur zustimmen, Herr Protzig. Leider musste ich Sie heute herbitten, damit Sie das Protokoll und die Diebstahlanzeige unterschreiben können.«

Er legte ihm ein paar Blätter Papier und einen Kugelschreiber hin. Dabei musterte Greulich seinen Besucher eingehend. »Arbeiten Sie schon lange für die Stadtverwaltung?«

»Ich habe vor 15 Jahren bei der Stadt gelernt. Inzwischen arbeite ich nur noch halbtags und kümmere mich ausschließlich um die Tiere des Parks. Finanziell bin ich unabhängig, betrachten Sie meinen Job als bezahltes Hobby.«

Marc mischte sich in das Gespräch ein: »Herr Protzig, wir haben gehört, dass die beiden Aras erst kürzlich bei Ihnen aufgenommen wurden. Können Sie uns sagen, von wem Sie die Tiere bekamen?«

Bevor er antworten konnte, fiel ihm Kommissar Greulich ins Wort und drohte im Spaß mit dem Zeigefinger. »Soso, ihr habt gehört, dass die Tiere neu in den Park gekommen sind. Ich glaube, wir sollten uns auch noch ausführlich unterhalten!«

Herr Protzig war über den lockeren Umgangston des Polizisten mit den Jugendlichen erstaunt. »Ja, das ist richtig. Aber was tut das zur Sache? Die zwei Vögel habe ich von Freddie Coleman bekommen. Er wohnt im Stadtteil Maudach, ist Amerikaner und Papageienzüchter. Zwei oder dreimal hat er bisher für den Ebert-Park Papageien gestiftet. Meist dann, wenn er keinen Platz mehr hatte. Ich kann aber nicht sagen, wo er sie herhat. Die Begleitpapiere zu den Registrierungen hat er mir noch nicht zugeschickt.«

»Aha«, Greulich nickte. »Damit wäre das geklärt. Können Sie mir zur Sicherheit die Anschrift von diesem Coleman aufschreiben? Dann kann ich das zu der Akte legen. Wie ich Ihnen gestern gesagt habe, dürfte keine große Hoffnung bestehen, die Papageien zu finden. Die Aufklärungsquote bei einfachen Diebstählen ist leider nicht sehr hoch.«

»Ich weiß, ich weiß«, antwortete Protzig. »Da kann man nichts machen. Vielleicht hat Coleman mal wieder Ersatz für den Park.« Damit stand er auf, um sich zu verabschieden.

»Boah«, sagte Kevin, als der Mann gegangen war. »Der Name dieses Herrn ist wirklich Programm. Wie kann man seinen Reichtum so raushängen lassen! Richtig unsympathisch so was.«

Greulich hatte nicht zugehört. Er hatte sein Telefon abgenommen und wählte eine Nummer. Die wilden Vier wurden Zeuge, wie er mit Herrn Coleman telefonierte und sich erkundigte, ob er vorbeikommen dürfe. Er fragte auch, ob es ihm etwas ausmachen würde, wenn er ein paar Jugendliche mitbringen würde. Diese wollen für ihre Schülerzeitung eine Reportage über die Polizeiarbeit schreiben.

Als der Kommissar aufgelegt hatte, schmunzelte er. »So eine kleine Notlüge darf schon mal sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr euch die Vogelzucht des Herrn Coleman auch anschauen wollt, oder?«

»Danke, das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen«, strahlte Kevin. »Heißt das, Sie ermitteln in dem Fall weiter?«

»Aber auf jeden Fall, mein Freund. Irgendwas stimmt mit diesem Protzig nicht. Warum sollte er bei der Stadt arbeiten, wenn er finanziell unabhängig ist? Das Hobby als Halbtagsjob nehme ich ihm nicht ab. Und dass es ihm egal zu sein scheint, ob die Vögel wieder auftauchen oder nicht, macht mich ebenfalls stutzig.«

»Irgendwas Geheimnisvolles verbirgt sich sicherlich hinter der Herkunft der Aras«, verplapperte sich Marc.

»Wie kommst du auf so etwas?«, wollte Greulich darauf wissen.

»Äh, ja, ist nur so ein Gefühl.« Zum Glück merkte Greulich nicht, wie Marc rot anlief.

»Na dann kommt mal mit, ihr Reporter. Wir nehmen den Transporter, da passen alle rein. Elvis werden wir allerdings im Auto lassen müssen. Nicht, dass uns dort eine Unannehmlichkeit passiert.«

Da der Transporter ein Navigationssystem hatte, fanden sie das Haus von Freddie Coleman auf Anhieb. Es war ein größeres Anwesen, das mit seinen zahlreichen Nebengebäuden direkt neben dem Maudacher Bruch, einem natürlich belassenen Altrheinarm, gebaut war. Hier war vor zweihundert Jahren der Rhein in seinen zahllosen Schleifen entlanggeströmt, bevor der Lauf des Flusses begradigt und dadurch die meisten Sumpfgebiete trockengelegt worden waren.

Schon beim Aussteigen hörte man unverkennbar, dass es hier eine größere Ansammlung nichtheimischer Vögel gab.

»Du musst leider draußen bleiben«, sagte Marc traurig zu seinem Dalmatiner, während er sich mit einem der Notizblöcke und Kugelschreiber bewaffnete, die der Kommissar ihnen gab.

Das hölzerne Hoftor stand offen. Im Hof parkten ein großer Amischlitten mit mindestens 300 PS, eine chromglänzende Harley-Davidson sowie ein geschlossener Kastenwagen.

In diesem Moment kam eine kleine zierliche Frau um die Ecke, erschrak, als sie die Besucher sah und verschwand sofort in einer der Scheunen, ohne sich nochmals umzudrehen.

Das Vogelgekreische war eine heftige Geräuschkulisse, an die man sich erst gewöhnen musste. Greulich ging in Richtung Hauptgebäude. Plötzlich blieb er stehen. Er hörte zwei Männer streiten, die sich anscheinend direkt hinter der Hausecke befanden. Nun konnten die Jugendlichen es auch hören. Der Streit wurde in Englisch mit unverkennbar amerikanischem Akzent geführt. Leider war nicht zu verstehen, um was es ging. Kurze Zeit später war schlagartig Ruhe. Ein Mann erschien und lief an ihnen vorbei, ohne sie zu grüßen oder überhaupt wahrzunehmen. Er stieg auf das Motorrad, ließ es an und fuhr röhrend vom Hof.

Während sie dem Motorradfahrer nachschauten, ertönte von hinten eine Stimme:

»Hi, wen haben wir denn hier? Sie müssen der Kommissar sein, der mich vorhin anrief. Und ihr seid die Kids, die für ihre Schule schreiben, oder?«

Greulich stellte sich und die wilden Vier vor.

»Na, das ist ja fantastisch. Kommen Sie und sehen Sie sich meine Vögel aus aller Herren Länder an.«

Mit mächtigen Schritten ging Herr Coleman voran zwischen den Scheunen hindurch. Hier wurden die Geräusche noch lauter. Dutzende Volieren wurden sichtbar. Überall wimmelte es von bunten Vögeln.

»Da staunt ihr, was?«, wandte sich Herr Coleman an die vier Jugendlichen. »Das ist mein Reich. Hier züchte ich, kaufe und verkaufe alle Vögel, die Geld in die Kasse bringen, hahaha.«

Kommissar Greulich versuchte vergebens, zu Wort zu kommen. Doch der Amerikaner nutzte die Chance, seinen Privatzoo vorzuführen. »Auf der linken Seite seht ihr die Amazonen, natürlich amerikanische Vögel. Davon gibt es 27 Arten, und ich habe schon fast alle gehabt. Daneben findet ihr die Kakadus, die habe ich immer im Angebot, die sind aus Südamerika. Und hier, ein Käfig weiter, das sind Graupapageien aus Afrika. Ach, welch eine Pracht, diese schönen Tiere hier um mich zu haben.«

Die Jugendlichen kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hier waren mehr Papageien auf einem Haufen, als sie je in einem Zoo gesehen hatten.

Greulich nutzte die kurze Verschnaufpause, um Coleman nach den Aras zu befragen. »Herr Coleman, ich habe Ihnen am Telefon gesagt, warum ich hier bin. Ihre Adresse habe ich von Herrn Protzig bekommen. Können Sie mir etwas über die beiden Aras sagen, die sie dem Park gestiftet haben?«

»Die Aras?« Coleman überlegte. »Stimmt, es waren zwei Stück, die ich Protzig für den Ebert-Park gab. Ab und zu kommt es vor, dass ich ein paar Tiere für den Park stifte. Meistens dann, wenn dort eine Voliere länger leer steht. Sie haben gesagt, dass die Tiere gestohlen wurden?«

»Ja, vorletzte Nacht. Aus diesem Grunde interessiere ich mich für die Herkunft der Tiere. Haben Sie die selbst gezüchtet?«

»Die beiden Aras selbst gezüchtet? Nein, nein, Aras kaufe ich immer frisch aus Südamerika. Nur diese beiden nicht. Die habe ich geschenkt bekommen.«

»Geschenkt bekommen? Wer verschenkt denn wertvolle Aras?«

»Jemand, der nichts damit anfangen konnte. Ich bekam die Vögel vom Hauptzollamt Mannheim. Die Tiere kamen per Luftfracht aus Südamerika mit Adresse in Mannheim, wie sagt man gleich? Ah, postlagernd. Da wurde der Zoll am Flughafen Frankfurt stutzig und hat die Kiste weiter zur Filiale nach Mannheim geschickt. Da die Begleitpapiere nicht in Ordnung waren, wurden die Vögel beschlagnahmt. Aber sämtliche Zoos der Umgebung wollten die Vögel nicht haben, daher wurde ich gefragt, ob ich sie nehmen würde.«

»Damit wäre das auch geklärt«, kommentierte Kommissar Greulich die Auskunft. »Herr Protzig sagte mir, Sie hätten ihm die Begleitpapiere mit dem Herkunftsnachweis noch nicht zugeschickt. Wollen sie mir die gleich mitgeben?«

»Äh, ja, das ist, hm, das ist nicht möglich. Ich muss diese Papiere verlegt haben. Ich werde sie suchen, und sobald ich sie gefunden habe, rufe ich Sie an, okay?«

»Einverstanden, Herr Coleman. Ist Ihnen bei den Papieren irgendetwas aufgefallen?«

»Nicht, dass ich wüsste. Für mich sahen sie okay aus. Nur das Hauptzollamt hat mir gesagt, dass die Herkunftsadresse gefälscht sei. Das hat aber den Tieren anscheinend nichts ausgemacht.« Coleman lachte laut über seinen Scherz.

Der Kommissar drehte sich stirnrunzelnd zur Seite, bevor er sich verabschiedete.

»Und die Kids? Habt ihr keine Fragen mehr?«, wollte Coleman wissen.

Sandra trat vor und sagte: »Vielen Dank, wir haben alles mitgeschrieben. Dürfen wir in den nächsten Tagen noch mal vorbeikommen und ein paar Fotos machen? Leider haben wir unsere Kamera daheim liegen lassen.«

»Haha, was sind das für Reporter, die ihre Ausrüstung vergessen. Klar, könnt ihr wiederkommen und so viele Bilder machen, wie ihr wollt.«

Dankend verabschiedeten sich alle und verließen den Hof.

Am Transporter angekommen, ließ Greulich zuerst den Dalmatiner raus, der ihm mit einem Satz entgegengesprungen kam und ihn fast in den Straßengraben warf.

»He, du Teufel, nicht so hastig«, rief ihm Greulich zu. Doch Elvis war schon bei seinem Marc angekommen, der ihn ausgiebig streichelte und beruhigte.

»He Kids«, ahmte Greulich die Stimme und Aussprache des Amerikaners nach. »Wollen wir noch eine Runde durch das Maudacher Bruch laufen und ein bisschen reden? Das wird bestimmt interessant!«

Klar, da waren alle dabei. Der Maudacher Bruch mit seiner unberührten Natur lud zu einer Wanderung geradezu ein. Auch Elvis machte keine Ausnahme. Sicherlich würde er das eine oder andere Kaninchen jagen können …

»Das war schon starker Tobak eben«, leitete der Polizist die Unterhaltung ein. »Was haltet ihr von Coleman?«

Kerstin schüttelte sich. »Der ist mir mindestens so unsympathisch wie Protzig, nur auf eine andere Art. So einem würde ich alles zutrauen.«

Marc trumpfte auf. »Ich denke sogar, dass er es war, der sich die Vögel mit falschen Papieren postlagernd nach Mannheim schicken ließ. Zutrauen würde ich ihm das sofort.«

»Und warum hat er dann die Aras anschließend verschenkt?«, fragte Kevin.

»Ist doch klar, weil die Sache aufgeflogen ist. Bevor der Zoll weiter nachforscht und ihm vielleicht auf die Schliche kommt, spielt er lieber den scheinheiligen Samariter.«

Kerstin schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn. Erst die Vögel verschenken, dann wieder stehlen. Was soll das?«

Fast hätte Kevin sich verplappert und von den Männern erzählt, die mit dem Zoomobjektiv die Ringe der Aras fotografiert haben. Doch Kerstin kannte ihren Bruder genau und gab ihm rechtzeitig ein Zeichen, still zu sein. Diesen Wissensvorsprung wollten die wilden Vier Kommissar Greulich noch vorenthalten.

»Wisst ihr, was ich glaube?«, sagte Greulich in die Runde. »Ich denke, dass da zwei Sachen oberfaul sind. Zum einen die Geschichte mit dem Zoll und Coleman, zum anderen der Diebstahl und Protzig. Wahrscheinlich gibt es zwischen beiden gar keine Verbindung, außer natürlich, dass Coleman Protzig die Vögel geschenkt hat.«

»Da könnte was dran sein«, gab ihm Sandra Recht. »Aber noch etwas anderes ist mir aufgefallen. Dieser Coleman hat von Papageien überhaupt keine Ahnung. Er hat uns nämlich einen ziemlichen Schwachsinn erzählt!«

Alle blieben stehen und starrten Sandra an.

Frage: Warum meinte Sandra, dass Coleman von Papageien keine Ahnung hat?

Antwort: .neisA nov nelieT ni dnu neilartsuA ni run sudakaK nebel hcilhcästaT .netllos nemmok akiremadüS sua eid ,sudakaK nov etlhäzre nameloC

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 3

Cover Die wilden Vier - Band 3

Spuren im Käfig

Autor: Harald Schneider

»Na klar!« Der Mann schlug sich mit der Hand an die Stirn, nachdem Marc des Rätsels Lösung verkündet hatte. »Da hätte ich selbst draufkommen können. Natürlich wollten diese Halunken an die Registrierungen auf den Ringen kommen. Mit dem Fotografieren hat es dann offenbar nicht geklappt, deshalb sind sie in der Nacht zurückgekommen und haben die Vögel gekidnappt. Ihr seid wirklich schlau. Wer seid ihr eigentlich?«

Sandra stellt sich und ihre Freunde vor. »Sie werden uns nicht kennen. Wir nennen uns die wilden Vier und versuchen, mysteriöse Dinge aufzuklären.«

»Was, ihr seid die wilden Vier? Natürlich kenne ich euch. Vor ein paar Tagen habe ich von euch in der Zeitung gelesen. Ihr müsst nicht glauben, dass ihr bei der älteren Generation unbekannt seid. Ich verfolge eure Abenteuer regelmäßig in der Zeitung.«

Er bückte sich und streichelte Elvis. »Und das ist wohl der bekannteste Dalmatiner in Ludwigshafen und Umgebung, oder?«

Marc strahlte über beide Wangen. Normalerweise war er nicht begeistert, wenn Fremde seinen Hund streichelten. Doch hier machte er gerne eine Ausnahme.

Der Mann freute sich sichtlich, die Bekanntschaft der wilden Vier zu machen. »Wenn ich das eine oder andere Jahrzehnt jünger wäre, würde ich glatt bei euch mitmachen. So wie ich euch kenne, seid ihr den Papageiendieben längst auf der Spur, oder sollte ich mich da täuschen?«

Kerstin verneinte das Kompliment: »Da muss ich Sie leider enttäuschen, wir stehen ganz am Anfang unserer Ermittlungen. Wir wissen bisher nur, was Sie uns gerade erzählt haben.«

»Ach so, ihr fangt mit euren Ermittlungen gerade erst an. Dann müsst ihr euch sputen, denn die Polizei war gestern da und hat den Tatort untersucht.«

»Das war bestimmt Kommissar Greulich. Haben Sie zufällig etwas mitbekommen, was für uns interessant sein könnte?«

»Nein, ich habe der Polizei das gleiche erzählt wie euch. Allerdings weiß ich nicht, ob die Beamten inzwischen herausgefunden haben, weshalb diese Männer die Füße der Aras fotografierten. Ansonsten gab es nichts mehr …« Der Mann überlegt einen Moment, ehe er fortfuhr. »Halt! Eines ist vielleicht noch wichtig. Die Papageien konnten sprechen. Es war zugegebenermaßen ziemlich undeutlich und man konnte nichts verstehen, aber es waren auf jeden Fall menschliche Lautnachahmungen.«

Kevin hatte einen Geistesblitz. »Könnte es sein, dass die Papageien vielleicht nicht Deutsch, sondern eine andere Sprache gesprochen haben?«

Sein Gegenüber stutzte. »Das könnte durchaus sein. In der Tat klang es etwas südeuropäisch. Genauer kann ich es aber wirklich nicht sagen. Ihr könnt den Kommissar fragen, ihr scheint ihn ja ganz gut zu kennen.«

»Das werden wir machen«, antwortete Sandra. »Waren Sie dabei, als die Polizisten den Käfig untersucht haben? Haben die etwas gefunden?«

»Na ja, groß untersucht kann man das nicht nennen. Die sind nicht mal in den Käfig hinein, sondern haben nur das aufgebrochene Sicherheitsschloss sichergestellt. Ich hatte den Eindruck, als würden sich die Beamten nicht allzu sehr für die Papageien interessieren.«

»Kann schon sein, dass die Polizei Wichtigeres zu tun hat, als den Diebstahl zweier Vögel aufzuklären«, mischte sich Marc ein. »Aber in Verbindung mit den Fotoaufnahmen denke ich, dass viel mehr dahintersteckt als ein gewöhnlicher Tierdiebstahl.«

Die wilden Vier verließen den Parkweg und zwängten sich zwischen Hecken hindurch bis zum hinteren Ende der Voliere. Marc hatte Elvis vorher an einer Parkbank neben den Käfigen angebunden.

»Damit du mir nicht die Vögel in den Nachbarkäfigen scheu machst. Tut mir leid, mein Freund, es dauert bestimmt nicht lange.«

Die Zugangstür an der Volierenseite war nur angelehnt. Der Riegel war zurückgezogen, das Schloss fehlte. Kerstin öffnete die Drahttür vollends und schaute in den Käfig. Auf der rechten Seite befand sich der Flugteil mit Ästen und Schnüren, auf der linken Seite war ein Teil des Käfigs komplett mit Holz verkleidet, sodass es wie ein eigenes Zimmer innerhalb der Voliere aussah. Zur Vorderseite der Voliere waren in der Holzwand mehrere rechteckige Türen ausgeschnitten, jeweils so groß wie ein Blatt Papier.

»Dorthin konnten sich die Aras zurückziehen, wenn ihnen der Trubel draußen zu viel wurde«, bemerkte Kerstin.

»Vorsichtig«, warnte Sandra. »Lasst mich vorgehen, falls es Fußabdrücke gibt.«

Sandra ging in den Käfig. Sie bückte sich und untersuchte den Boden millimetergenau. Marc, Kerstin und Kevin hatten es sich inzwischen abgewöhnt, über ihre Kameradin zu lästern. Hatte sie doch bisher immer mit ihrer Spurensuche beträchtlichen Erfolg gehabt.

Nachdem sie den Sandboden ausgiebig begutachtet hatte, richtete sie sich auf. »Seht mal, hier auf der Seite, direkt neben der Tür. Da ist ein schwacher Fußabdruck zu sehen. Was fällt euch daran auf?«, wollte sie von ihren Freunden wissen und lächelte dabei.

Kevin bückte sich und antwortete: »Der ist ziemlich nass. Da steht sogar ein bisschen Wasser drin.«

»Genau. Richtig beobachtet. Und da es vor drei Tagen das letzte Mal geregnet hat, stammt dieser Abdruck nicht von den Dieben. Wahrscheinlich stammt er von einem Pfleger.« Sandra drehte sich auf die andere Seite. »Ich mach’s jetzt nicht unnötig spannend, sondern verrate euch gleich die Lösung. Dieser Abdruck hier«, mit einer Handbewegung deutete sie neben einen breiten Ast, der im Boden verankert war, »ist trocken. Keine Spur von Wasser. Folglich muss er innerhalb der letzten drei Tage entstanden sein. Es kann also gut sein, dass dieser Abdruck einem der Diebe gehört. Muss aber nicht«, fügte sie hinzu.

Sandra war nicht mehr zu halten. Sie öffnete den Rucksack und holte ihre Detektivausrüstung heraus. Neben einem kleinen Päckchen Gips zog sie eine kleine Gummikachel und eine Spachtel aus dem Päckchen.

»Ich bin gleich wieder zurück. Ich laufe nur zum Teich, um ein bisschen Wasser zu holen, damit ich Gips anrühren kann. Seid so gut und tretet in der Zeit nicht auf den Abdruck.«

Die anderen schauten sich weiter in der Voliere um. Der ältere Mann stand immer noch auf dem Parkweg und schaute ihnen gespannt zu.

»Schaut mal, was ich gefunden habe!«, schrie auf einmal Marc. Stolz hielt er einen goldfarbenen Ring hoch.

Kerstin nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn aus der Nähe. »Der sieht nicht so aus, als ob er hier schon lange liegen würde. Er glänzt und ist bis auf die Seite, mit der er auf dem Boden lag, vollkommen sauber. Den muss erst kürzlich jemand verloren haben.«

»Verloren hier im Käfig? Da kommen wohl nicht allzu viele Leute infrage, oder? Auf jeden Fall nehmen wir ihn mit. Daheim können wir ihn in Ruhe untersuchen.« Kerstin zog ein kleines Plastiktütchen hervor und ließ den Ring hineinfallen.

»Wisst ihr, was ich seltsam finde?«, fragte Kevin in die Runde. »Hier wurden zwei ziemlich große Vögel geklaut und man sieht nicht einmal die Spur eines Kampfes. Die haben sich doch bestimmt nicht so einfach fangen lassen.«

»Vermutlich wurden sie betäubt, vielleicht mit einem Betäubungsgewehr oder einem Narkotikum im Fressen«, vermutete Kerstin.

»Dann mussten die Diebe die Aras nur noch einsammeln«, ergänzte Marc. »Ekelhaft, so etwas. Ich hoffe, wir finden die Gauner.«

Eine Viertelstunde später, Sandra hatte den Fußabdruck erfolgreich ausgegossen, verabschiedeten sich die wilden Vier von dem älteren Parkbesucher.

»Vielen Dank für ihre Hilfe, Herr, äh«, stotterte Kerstin.

»Grabowski ist mein Name und es hat mich sehr gefreut, euch kennenzulernen. Ich hoffe, dass ich bald in der Zeitung lesen kann, dass die Diebe gefangen wurden.«

»Worauf Sie sich verlassen können«, sagte Kevin mit Überzeugung. »Die kriegen wir. Auf Wiedersehen!«

Leider konnten sich die wilden Vier an diesem Tag nicht mehr in ihrem Clubraum treffen, da die Zwillinge mit ihren Eltern zu einem Geburtstag eingeladen waren. Ihr Onkel wurde 50 Jahre alt und feierte in einem Restaurant mit einem riesigen Büffet. Sie waren froh, als der Abend zu Ende ging. Erst am nächsten Mittag würden sie mit Sandra und Marc wieder Zeit finden, über den Fall zu sprechen.

Selbst in den Schulpausen konnten sie sich nicht mit den anderen bei ihrer Lieblingsbank treffen, weil sie an diesem Tag mit dem Tafeldienst an der Reihe waren.

Doch endlich war es Mittag. Die Hausaufgaben hatten die wilden Vier mal wieder mehr schlecht als recht erledigt, als Marc mit Elvis als Letzter den Clubraum betrat.

Sandra schaute vorwurfsvoll auf die Uhr: »Wo bleibst du denn? Ich bin schon seit zehn Minuten da!«

»Ich kann nichts dafür, Elvis hat mal wieder keinen Baum ausgelassen. Euren Vorgarten hat er übrigens auch bewässert.«

Sandra schüttelte den Kopf, während sie ein Blatt Papier vom Schreibtisch nahm. »Lasst uns mal zusammenfassen. Jemand versucht, an die Registrierungsnummern von zwei Papageien zu kommen. Nachdem dies misslingt, kidnappt er die Vögel. Die Vögel selbst sind erst kurze Zeit vorher im Park eingetroffen. Die Frage, wo sie vorher waren, müssen wir noch beantworten. Um die Frage nach dem Warum zu lösen, müssen wir herausfinden, wer die Aras geklaut hat und wo sie sich jetzt befinden.«

Kerstin, Kevin und Marc nickten.

»Wir haben bis jetzt genau zwei Spuren. Da ist zum einen dieser Schuhabdruck in Größe 43.« Sandra hielt den Gipsabdruck in die Höhe, der ebenfalls auf dem Schreibtisch lag. »Ich würde sagen, es handelt sich dem Profil nach um einen Stiefel mit schräg abgenutztem Absatz. Der Besitzer müsste meiner Meinung nach etwas schief gehen. Zum anderen haben wir einen Ring gefunden, von dem wir aber nicht wissen, ob er den Dieben gehört.«

»Das ist alles schön und gut«, mischte sich Kevin ein. »Sollten wir nicht mit Kommissar Greulich reden, bevor wir eine Zwischenbilanz ziehen? Der hat vielleicht auch ein paar Spuren gefunden. Vor allem weiß er bestimmt, wo die Papageien herkamen.«

»Einverstanden, das machen wir heute «, nickte Kerstin. »Ich habe vorhin bei ihm angerufen. Er hat sich bereits gedacht, dass wir den Diebstahl aufklären wollen und meinte, dass es sich hier wohl nur um einen ganz gewöhnlichen Diebstahl handeln dürfte und er daher kein Problem hat, mit uns darüber zu sprechen.«

»Mensch Kerstin, warum hast du uns das nicht gleich gesagt!«, erboste sich Marc.

Sandra versuchte, auf die Fundstücke zurück zu kommen. »Schaut euch erst mal den Ring genauer an. Fällt euch daran etwas auf?«

Kevin nahm den Ring vom Tisch und untersuchte ihn ausgiebig. Schließlich schaltete er die kleine Wandlampe ein, um noch besser sehen zu können.

»Mensch, da stehen Zahlen im Ring!«, rief er erfreut aus. »Sie sind recht undeutlich und verwischt. He, das sieht nach einem Datum aus. Wenn ich mich nicht irre, steht hier ›03.07.1992‹.«

»03.07.1992?«, wiederholte Marc. »Das kann doch nur eins bedeuten, an dem Tag wurde der Ring produziert!«

Sandra schaute Marc ungläubig an. »Sag mal, spinnst du? Seit wann wird in einen Ring das Herstellungsdatum eingeprägt? Das Datum hat etwas ganz anderes zu bedeuten, das ist doch klar!«

Frage: Was bedeutet das Datum auf dem Ring?

Antwort: .tsi treivargnie mutadstiezhcoH sad med fua ,gnirehE nenie mu hcis tlednah sE

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 2

Cover Die wilden Vier - Band 3

Ein neuer Fall für die wilden Vier

Autor: Harald Schneider

Sandra musste, genau wie die anderen, Marc recht geben. Dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch keine Fotoapparate erfunden waren, wussten sie zwar, trotzdem hatten sie diesen Fehler überlesen.

»Macht euch nichts draus«, tröstete sie Marc. »Das mit der Zählweise der Jahrhunderte hat schon viele verwirrt. Wir leben im 21. Jahrhundert und trotzdem fangen die Jahreszahlen mit 20 an.«

»Ja, das ist zwar logisch, aber es ärgert mich dennoch. So etwas darf man nicht überlesen. Wir müssen uns angewöhnen, genauer hinzuschauen, sonst übersehen wir entscheidende Hinweise beim Aufklären unserer Fälle.«

Sandra wollte auf andere Gedanken kommen. Sie schnappte sich den Streiche- und Abenteuerordner und schlug das Inhaltsverzeichnis auf. Da sie erst seit Kurzem Mitglied der wilden Vier war, kannte sie noch nicht alle Streiche, die Kevin, Kerstin und Marc vor ihrer Zeit durchgeführt hatten. Sie suchte sich eine interessant erscheinende Überschrift heraus und schlug die entsprechende Seite auf. Sie begann zu lesen.

Wie man einen Lehrer zum Verzweifeln bringt

Auch diesmal begann das Schuljahr wieder mit einer Überraschung. Gleich am ersten Tag wurde uns mitgeteilt, dass wir ab sofort einen neuen Lehrer haben. Mit gemischten Gefühlen gingen wir am zweiten Schultag zum Unterricht. Heute sollten wir ihn das erste Mal sehen, auch für Herrn Schlagmann war es der erste Tag an unserer Schule.

›Wird er streng sein, wie sein Name es andeutet, oder würden wir mit ihm klarkommen?‹ Diese Frage beschäftigte uns den ganzen Morgen.

Und dann stand er vor uns und stellte sich vor. Sogleich sagte er uns klipp und klar, dass er keinerlei Schülerstreiche dulde und wir uns lieber um unsere schulischen Leistungen kümmern sollten. Und im Übrigen kenne er bereits alle möglichen Streiche. So sagte er es uns jedenfalls.

Dabei wusste er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass er sich bereits mitten in einem Streich befand. Er bat uns nämlich zu Beginn der Stunde, Namensschildchen aus einem Blatt Papier zu fertigen. Für wie naiv hielt uns unser Lehrer denn?

Klar, dass Marc den Namen seines Banknachbars auf seinem Namenschild stehen hatte. Und Kevin hatte natürlich Marcs Namen auf seinem Schild. Kerstin hieß Lisa, Lisa hieß Sarah und Sarah hatte Julia auf ihrem Schild stehen. Das Gekichere war groß, als sich nach jedem Namensaufruf die oder der vermeintlich Richtige meldete. Herr Schlagmann kapierte nichts. Doch das war erst der Anfang von allem.

Am nächsten Tag hatten wir Deutsch. Herr Schlagmann kam in unseren Klassensaal, begrüßte uns freundlich, schaute in die Runde, dann stutzte er einen Moment. Man merkte, dass er angestrengt nachdachte und an seinen Sinnen zu zweifeln begann. Auf den Gedanken, dass wir ihm einen Superstreich spielten, kam er nicht. Noch nicht. So fand er sich mit der neuen Situation ab und vermutete den Fehler bei sich selbst.

Für einen Lehrer ist es sicherlich nicht leicht, sich innerhalb weniger Tage die Namen von mehreren Schulklassen merken zu müssen. Und wenn sich dann die Namen innerhalb einer Klasse auch noch ändern, dann wird’s um ein Vielfaches schwieriger. Heute hieß Marc nämlich Daniel und Kevin hieß Lukas. Kerstin wurde von Herrn Schlagmann gemäß ihrem Schild mit Eva angesprochen, Louisa hieß Johanna, Micha hatte sich auf Jonas umgetauft und Rouven hörte diese Stunde auf Joshua.

Ein heilloses Durcheinander war im Gange. Unser neuer Lehrer fing schon an, uns ein bisschen leid zu tun. Doch auch wir hatten alle Mühe, unseren jeweiligen Leihnamen zu behalten, um rechtzeitig bei einem Aufruf reagieren zu können.

Am darauffolgenden Schultag, es war diesmal Mathe angesagt, ging der Spaß in die dritte Runde. Leider war dies auch die letzte Runde. Zu Unterrichtsbeginn hatten wir noch unseren Spaß, als Herr Schlagmann stirnrunzelnd und kopfkratzend nachdachte.

»Du hast doch gestern noch an einem anderen Platz gesessen«, sagte er zu Iven, der heute Finn hieß. Doch Iven antwortete wahrheitsgemäß, dass er schon von Anfang an auf demselben Platz sitze.

Das Namenswechselspiel förderte nicht gerade die Konzentration unseres Lehrers.

Schließlich schlug er zu. Er ging auf Kerstin zu, oder jedenfalls die, die er für Kerstin hielt und schnappte sich ihr Mathematikbuch. Er blätterte es auf und las den Namen der Besitzerin: Larissa.

Nun war wohl eine Standpauke fällig. Doch Herr Schlagmann reagierte völlig anders. »Habt ihr es doch geschafft, mich reinzulegen. Ich hätte wohl besser nicht sagen sollen, dass ich alle Tricks kenne. Na ja, auch ein Lehrer lernt nie aus.«

Und damit war die Sache für ihn erledigt. Ab diesem Zeitpunkt kamen wir sehr gut mit ihm aus. Er hatte uns anscheinend als ebenbürtig anerkannt.

Sandra lachte laut heraus. »Wie seid ihr nur auf solch eine Idee gekommen? Das muss der absolute Knaller gewesen sein!«

»War alles nur Notwehr«, antwortete Kevin.

»Notwehr? Habt ihr noch mehr Lehrer in Notwehr reingelegt?«, fragte Sandra immer noch schmunzelnd.

»Boah, lass‘ mal überlegen. Das waren ja so viele Streiche, die wir bisher gemacht haben. Doch, da fällt mir noch einer ein. Unser Geniestreich war ebenfalls reine Notwehr.«

Kevin schlug das Inhaltsverzeichnis auf und suchte das entsprechende Kapitel. Nachdem er es gefunden hatte, gab er den Ordner an Sandra zurück, die nun erneut zu lesen begann.

Wie man zu einem Genie wird

Frau Klamms Geschichtsunterricht war meist ziemlich öde. Wahrscheinlich konnte die gute Frau gar nichts dafür. Seit Jahrhunderten erzählte sie vermutlich jedes Jahr einer anderen Klasse das gleiche historische Wissen. Sie ging stets streng nach Schulbuch vor. Abweichungen kamen nie vor, ebenso wenig besondere Vertiefungen an interessanten Stellen. Wir vermuteten, dass Frau Klamm zwar das Schulbuch in- und auswendig kannte, ihr geschichtliches Wissen damit aber komplett abgedeckt war.

Dies musste natürlich mit einem besonderen Streich bedacht werden.

Unsere Idee hatte allerdings einen Haken: Sie war mit viel Aufwand verbunden, besser gesagt mit Lernaufwand. Doch für einen gelungenen Streich muss man auch mal Opfer bringen können.

Aus unserem Geschichtsbuch wussten wir, dass in ca. drei Wochen das Thema Nordamerika zwischen 1865 und 1929 drankommen würde. Für dieses Thema würde Frau Klamm wohl höchstens eine Doppelstunde opfern, mehr gaben die zwei Seiten im Buch nicht her.

Zuerst begannen wir, die beiden Seiten über Nordamerika auswendig zu lernen. Wichtige Punkte wie Bevölkerungsentwicklung, Besiedlung und Gebietsvergrößerung notierten wir uns separat. Einen Tag später gingen wir zusammen in die Bibliothek und liehen uns rund ein halbes Dutzend Bücher zu diesem Themenblock aus.

Nun mussten wir interessante und leicht verständliche Schwerpunkte herausarbeiten. Wir lernten Jahreszahlen auswendig und die dazugehörigen Ereignisse. Wir hörten uns gegenseitig ab, bis wir am Ende alle regelrechte Nordamerikaspezialisten waren. Die drei Wochen zusätzlichen Lernens waren ziemlich mühsam, noch nie hatten wir für einen Streich solch einen Aufwand betrieben. Doch es sollte sich lohnen.

Frau Klamm begann wie in jeder Geschichtsstunde. Sie las vor. Kaum hatte sie erwähnt, dass die USA 1867 den Russen Alaska abgekauft hatten, meldete sich Marc, der ergänzend hinzufügte, dass die USA rund 20 Jahre später auch in den Besitz der Philippinen, Guams und Puerto Ricos gelangt waren.

Erstaunt schielte Frau Klamm über den Rand ihrer Brille, nickte Marc kurz zu, um dann ihren Text weiter vorzulesen. Kaum hatte sie gesagt, dass ab 1870 das Eisenbahnnetz zügig ausgebaut wurde, fiel ihr Kerstin ins Wort:

»Ja, stellen Sie sich vor, bis 1890 hatte sich das Streckennetz auf 163.000 Kilometer vervierfacht und war damit schon länger als das von ganz Europa!«

Nun ließ Frau Klamm sprachlos den Unterkiefer hängen. Da setzte Kevin schon einen drauf: »Das scheint eine logistische Meisterleistung gewesen zu sein. Frau Klamm, können Sie mit uns einmal die wichtigsten Ost-West-Verbindungen durchsprechen?«

Frau Klamm schluckte und schluckte. Sie war immer noch zu keiner Antwort fähig.

Kerstin setzte nun zum Vernichtungsschlag an: »Vielleicht sollten wir besser über die kanadischen Eisenbahnlinien sprechen. Gerade für die Gründung des kanadischen Bundes 1867, den Kauf Rupertslands durch die Hudson’s Bay Company 1869 und den Beitritt Manitobas 1870 war dieses Thema noch wichtiger.«

Die letzten Worte bekam die gute Frau Klamm schon gar nicht mehr mit. Sie stürmte, wohl nervlich am Ende, aus dem Klassensaal.

Wir überlegten, ob wir dieses Mal vielleicht zu weit gegangen waren. Daraufhin klärte Kerstin in der nächsten Pause die arme Frau Klamm über unseren Streich auf.

Sandra musste erneut laut lachen. »Das hätte ich euch gar nicht zugetraut, dass ihr für einen Streich freiwillig lernt. Das muss euch doch unheimlich schwergefallen sein, oder?«

»Na ja«, antwortete Kerstin. »Es war nicht ganz einfach, alle zum Mitmachen zu ermutigen. Aber ich denke, der Einsatz hat sich letztendlich gelohnt.«

Sandra nickte. »Das denke ich auch.« Und mit einem Blick auf den wohlgefüllten Ordner ergänzte sie: »Viele Streiche passen da jedenfalls nicht mehr rein. Dann müssen wir aufhören oder einen zweiten Ordner beginnen.«

»Da sind ja nicht nur unsere Streiche drin, sondern auch unsere Abenteuer«, warf Kerstin ein. »Die nehmen viel Platz weg. Besonders, wenn die Zeitungsartikel dazu kommen.«

»Ich gehe aber nicht davon aus, dass da so schnell ein weiteres Abenteuer hinzukommt. Unser Neuestes ist ja gerade mal ein paar Tage alt. Und solche Ganovengeschichten gibt es bestimmt nicht jede Woche.«

»Das macht nichts, dann machen wir zur Abwechslung mal wieder einen fetten Streich!«, lachte Kevin.

Marc befasste sich immer noch mit dem Zeitungsartikel ihres letzten Abenteuers. Schließlich unterbrach er die Unterhaltung der anderen. »Wisst ihr noch, was Kommissar Greulich gestern in der Eisdiele sagte, bevor er sich verabschiedete? Da sind irgendwo zwei Papageien verschwunden. Wisst ihr darüber etwas Näheres?«

»Nee, eigentlich nicht«, erwiderte Kerstin. »Nur, dass die Papageien aus der Voliere des Friedrich-Ebert-Parks verschwunden sind. Daraufhin hat er sich ja gleich verabschiedet.«

»Genau«, bestätigte Marc. »Und da wir die wilden Vier sind, sollten wir uns dieser Sache annehmen. Auch wenn es sich dabei nur um zwei Papageien handelt, man weiß nie, was so alles dahintersteckt.«

»Wie stellst du dir das vor? Sollen wir zu Greulich fahren und ihn fragen, welches schreckliche Geheimnis sich hinter dem Papageiendiebstahl verbirgt? Der wird uns was husten, wenn wir uns erneut in seine Arbeit einmischen wollen!«

»Warum nicht? Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht, um an nähere Informationen zu kommen. Oder hat darüber etwas in der Zeitung gestanden? Ich habe nichts gelesen.«

Marc war bereits aufgestanden und hatte Elvis an die Leine genommen. »Na auf, ihr faules Pack. Lasst uns direkt zu Greulich fahren. Elvis muss sowieso mal raus, sonst pieselt der uns wieder ans Sofa.«

»Untersteh dich, Elvis«, sagte Kerstin mit drohendem Blick in Richtung Dalmatiner. »Das letzte Mal hatten wir eine Woche Ausnahmezustand. Ich habe sogar das Rasierwasser meines Vaters versprühen müssen.«

Marc musste natürlich seinen Vierbeiner verteidigen. »Übertreib mal nicht so. Schließlich ist noch keiner erstunken.«

»Das wäre hier aber fast zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte passiert«, frotzelte Kevin weiter.

Währenddessen hatten sie den Clubraum verlassen und befanden sich auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle. Elvis hatte gleich den ersten erreichbaren Baum in Beschlag genommen.

Es war zwar noch recht früh am Mittag, trotzdem war es für die Jugendlichen ärgerlich, dass ihnen die Straßenbahn vor der Nase davonfuhr. So hatten sie noch zehn Minuten Wartezeit zu überbrücken.

»Was machen wir, wenn uns Greulich nicht weiterhelfen will?«, überlegte Kevin laut.

»Vielleicht ist der Fall bereits längst aufgeklärt?«, gab Marc zu bedenken.

»Oder die Papageien sind einfach weggeflogen, weil im Zaun ein Loch war«, zählte Sandra eine weitere Möglichkeit auf.

»Wenn uns Greulich nichts sagen möchte, könnten wir in den Ebert-Park fahren. Vielleicht entdecken wir dort etwas Brauchbares?«

»Meinetwegen. Mehr als ein leerer Käfig wird zwar nicht zu finden sein, aber etwas Besseres fällt mir im Moment auch nicht ein.«

Die wilden Vier diskutierten bis zur Ankunft der nächsten Straßenbahn weiter, und selbst während der Fahrt drehte sich ihr Gespräch ausschließlich um die verschwundenen Papageien.

Marc verkürzte die Leine zu Elvis, als sie das Polizeipräsidium betraten. »Nicht, dass du den Kommissar abschleckst. Dann steckt der dich in Einzelhaft bei Wasser und Knochen!«

Ein junger Beamter, der die wilden Vier nicht kannte, erschrak, als er aus seiner Bürotür kam und fast über sie stolperte. »Huch, was ist hier los?«, entfuhr es ihm. »Findet hier eine Demonstration statt?«

Marc fasste seinen Dalmatiner noch enger und antwortete: »Entschuldigen Sie, dass wir Sie erschreckt haben. Wir wollen zu Kommissar Greulich.«

»Ihr habt bestimmt einen Termin, oder? Der Herr Kommissar ist nämlich schwer beschäftigt. Wenn ihr etwas zu berichten habt, könnt ihr es auch mir sagen.«

»Nein danke, wir müssen Herrn Greulich selbst sprechen. Würden Sie ihm bitte sagen, dass wir da sind?«

»Und was soll ich ihm sagen? Das vier Jugendliche und ein großer Hund da sind, die ihn sprechen wollen?«

Marc lachte. »Genau, das würde reichen. Herr Greulich weiß, wer wir sind. Sie können ihm aber auch sagen, dass die wilden Vier hier sind – und Elvis«, fügte er an.

»Die wilden Vier? Doch nicht etwa die wilden Vier, die letzte Woche die Katakomben unter der Fußgängerzone entdeckt haben?«

»Ach, das meinen Sie«, betonte Kerstin absichtlich gelangweilt. »Ja, das waren wir. Ist aber schon eine Weile her.«

Der junge Beamte ging, um Kommissar Greulich den Besuch anzukündigen.

»Habt ihr sein Gesicht gesehen? Fast hätte der uns um ein Autogramm gebeten«, lachte Sandra.

Kerstin nickte. »Dann soll er sich auch ein Autogramm von Elvis geben lassen. Das heißt, das wird dann eher ein Riechogramm.«

Marc schaute seine Freundin zuerst böse an, doch schließlich musste auch er über diesen Witz lächeln.

In diesem Moment kam der Beamte zurück. »Es tut mir leid, aber Kommissar Greulich ist im Außendienst und es ist nicht bekannt, bis wann er zurück sein wird. Soll ich ihm eine Nachricht von euch hinterlassen?«

»Ach nein, das ist nicht nötig«, beeilte sich Kevin zu sagen. »Wir versuchen es morgen wieder. Vielen Dank und auf Wiedersehen.«

Enttäuscht verließen die vier das Gebäude. Marc stampfte wütend mit seinem rechten Fuß auf. »Mensch, ist das blöd! Und was machen wir jetzt?«

»Plan B«, entgegnete Kerstin. » Wir fahren zum Friedrich-Ebert-Park.«

Eine halbe Stunde später hielt die Straßenbahn vor dem Eingang der 1925 gegründeten weitläufigen Parkanlage an.

»Zum Glück wird hier kein Eintrittsgeld verlangt. Wenn ich an die Mannheimer Parks denke …«, meinte Kerstin und verdrehte die Augen.

Elvis hatte sofort gerochen, dass es hier viele Tiere gab, die es sich zu jagen lohnte. Kaninchen, Enten, Tauben und vieles mehr. Ein wahres Hundeparadies. Doch Marc hatte vorgesorgt und die Leine seines Lieblings wieder verkürzt. »Wenn du durchdrehst, Elvis, dann sperre ich dich in die leere Papageienvoliere.«

»Wisst ihr überhaupt, in welche Richtung wir laufen müssen?«, fragte Sandra. Als Ludwigshafener Neubürgerin kannte sie sich noch nicht aus.

»Na klar«, antwortete Kerstin. »Wir waren schon oft hier. Wir müssen an dieser Fontänenanlage vorbei bis zur Rückseite des Parks. Dann hundert Meter nach links, schon sind wir bei den Vogelkäfigen.«

Innerhalb kürzester Zeit hatten die Vier mit ihrem Dalmatiner das Ziel erreicht. Auf der rechten Seite befanden sich neben dem Weg insgesamt fünf Volieren, die bis auf eine einzige alle besetzt waren. Neben Wellensittichen in allen möglichen Farben waren auch Mohrenkopfpapageien und Kakadus zu sehen.

Die Voliere ganz links war leer. Trostlos wirkten die vielen dicken Äste mit dem Laub und den dicken Seilen, die den Vögeln zur Unterhaltung dienen und den Bewegungsdrang fördern sollen. Gespannt schauten die Vier in den tierlosen Käfig.

Sie mussten schon eine Weile hineingestarrt haben, denn sie bemerkten nicht, wie ein älterer Mann langsam zu ihnen kam. Als er sie plötzlich von hinten ansprach, erschraken sie allesamt.

»Da könnt ihr lange nach Tieren suchen«, sagte er mit einer merkwürdig tiefen Stimme. »Der Käfig ist leer. Bis vorgestern waren noch zwei bildhübsche hellrote Aras zu sehen.«

Kerstin drehte sich um. »Wissen Sie, wo diese Aras sind?«

Der Mann nickte. »Ja. Gestohlen wurden sie. Vorletzte Nacht hat jemand das Schloss an der Rückseite der Voliere geknackt und die Vögel eingefangen. Eine Schande ist das! Dabei waren die Papageien erst seit ein paar Tagen im Park. Und nun sind sie wieder weg.«

»Was?«, rutschte es Kevin heraus. »Die Papageien sind nur ein paar Tage hier gewesen? Wo waren die vorher?«

»Das kann ich dir auch nicht sagen, mein Junge. Es kommt aber öfters vor, dass Vögel abgegeben werden, deren Besitzer mit der Haltung überfordert sind oder ein Tier geerbt haben und es nicht behalten wollen. Aber noch niemals wurde im Park etwas gestohlen!«

Sandra überlegte kurz, bevor sie den Mann freundlich ansah: »Sind die Aras besonders wertvoll? Kann ein Dieb die Tiere weiterverkaufen?«

»Ein hellroter Ara kann schon den einen oder anderen Tausender kosten. Aber die Einfuhr und die Zucht sind streng reglementiert, außerdem ist jeder einzelne Vogel registriert. Einen gestohlenen Ara zu verkaufen, dürfte nicht allzu leicht sein.«

Der Mann, sicherlich bereits im Rentenalter, dachte nach. »Irgendwie gehen mir die beiden Männer nicht aus dem Kopf, die vorgestern hier waren. Ihr müsst wissen, ich wohne neben dem Park und drehe hier, wenn es nicht gerade regnet oder stürmt, täglich meine Runde.«

Die wilden Vier horchten auf. »Haben sich diese Männer verdächtig benommen? Denken sie, dass es sich um die Diebe handeln könnte?«

Ihr Gesprächspartner wiegelte ab. »Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe die beiden jedenfalls vorher nie im Park gesehen. Ich fand es sehr merkwürdig, dass sie die Papageien mit einem riesigen Zoomobjektiv fotografiert haben. Da ich mich mit dem Fotografieren etwas auskenne, bin ich mir fast sicher, dass die beiden nur die Füße der Vögel fotografiert haben. Das Ganze kam mir wirklich sehr seltsam vor.«

Die Jugendlichen sahen sich an. Was hatte das zu bedeuten?

Kevin hakte nach. »Was haben die Leute danach gemacht? Haben die vielleicht das Schloss untersucht?«

»Nein, nein. Irgendwann bemerkten sie, dass ich ihnen zuschaute. Da haben sie ihre Kameras geschnappt und sind weggegangen. Ich habe sie danach auch nicht mehr gesehen.«

Das war mal wieder eine harte Kopfnuss für die wilden Vier. Diesmal war es Marc, dem eine Antwort einfiel.

»Alles klar, Leute. Ich glaube, ich weiß, warum diese Typen mit ihren Zoomobjektiven hantiert haben. Ist ja auch irgendwie logisch!«

Frage: Was wollten die beiden Männer fotografieren?

Antwort: .nelletstsef legöV red tfnukreH eid dnu retlA sad nam nnak nremmuN red dnahnA .tgärt ßuF ma iegapaP redej eid ,nehesegba negniR ned fua nremmunstätitnedI eid fua se nettah rennäM eiD

Die wilden Vier und das Geheimnis der Papageien – Kapitel 1

Cover Die wilden Vier - Band 3

Der falsche Zeitungsartikel

Autor: Harald Schneider

Wie fast jeden Nachmittag trafen sich die wilden Vier zuhause bei den Zwillingen Kerstin und Kevin. Im Keller des Hauses hatten sie ihren eigenen Clubraum, den sie nach ihren Wünschen gestaltet und eingerichtet hatten. Marc und auch Sandra, die erst seit diesem Schuljahr in Ludwigshafen wohnte und auf Anhieb Mitglied der wilden Vier geworden war, machten dort häufig ihre Hausaufgaben.

Es war gerade eine gute Woche her, seit die wilden Vier zusammen mit ihrem überaus neugierigen Dalmatiner Elvis und ihrem Klassenkameraden Daniel haarsträubende Abenteuer im Keller des Rathauscenters erlebt hatten.

Sandra saß tiefgebückt über ihrem Mikroskop. An einem kleinen Rädchen stellte sie die größtmögliche Vergrößerung ein. Mit ruhiger Hand verschob sie millimeterweise die zwei kleinen Glasblättchen unter der Vergrößerungslinse.

Kevin schaute ihr bereits eine ganze Weile interessiert zu. Schließlich sprach er sie an: »Ich glaube, Sherlock Holmes könnte bei dir noch etwas lernen. Dir scheint nichts zu entgehen. Für mich sieht das, was du da untersuchst, wie ein kleiner Dreckhaufen aus.«

»Mensch Kevin, wie oft muss ich dir das noch erklären. Sherlock Holmes ist nur eine erfundene Romanfigur die nie gelebt hat. Wir dagegen sind aus Fleisch und Blut und leben in der Realität. Außerdem ist das kein Dreckhaufen sondern ein wichtiges Beweisstück.«

»Haha, was willst du mit diesem Lehmbröckchen beweisen? Dreck bleibt Dreck!«

Sandra schaute ihrem Kameraden Kevin fest in die Augen, überlegte einen Moment und antwortete dann schelmisch grinsend: »Klar ist das Dreck. Damit habe ich bewiesen, dass du dir heute nicht die Zähne geputzt hast!«

Kevins Zwillingsschwester Kerstin schaute zu ihrem Bruder und fing an zu lachen. »1:0 für dich, Sandra.«

Kevin drehte sich Grimassen schneidend um. Solche Späße kannte er zur Genüge. Deshalb fühlte er sich auch nicht im Geringsten beleidigt. Das nächste Mal war sicherlich er wieder an der Reihe, um einen Spaß auf Kosten anderer zu machen.

Währenddessen blätterte Marc in der Tageszeitung, die er heute Morgen von seinem Onkel Franz bekommen hatte. Normalerweise las er nur die Sportbeilage, der Rest interessierte ihn nicht weiter. Doch heute schien er in die regionalen Nachrichten vertieft zu sein. Kopfschüttelnd las er die Überschriften und blätterte weiter. Nach vier oder fünf Seiten wurde er endlich fündig.

»Da schau an! Wie mein Onkel gesagt hat: Die Rheinpfalz berichtet auf einer halben Seite von unserem letzten Abenteuer im Rathauskeller. Sogar mit einem Foto von uns. Unten rechts haben sie sogar einen Plan des unterirdischen Labyrinths abgedruckt. Und jetzt kommt das Beste: Die Stadtverwaltung will einmal monatlich Führungen durch diese Kellergewölbe anbieten. Die Besichtigung soll im Rathaus beginnen. Der verschüttete Stollen wird in diesen Tagen wieder freigelegt.«

Sandra sah von ihrem Mikroskop auf. »Brauchen die noch Führer für ihre Touren? Das wäre was für uns. Immerhin haben wir die Gewölbe entdeckt.«

Kevin hatte den Artikel inzwischen ebenfalls überflogen und brummelte vor sich hin. »Mich ärgert bloß, dass die Zeitungsleute dreimal diesen Daniel erwähnt haben. So wichtig war der nun auch wieder nicht.«

»Na ja, ohne Daniel hätten wir keine Verbindung zu Jutta Marsanek bekommen und das Abenteuer hätte erst gar nicht stattgefunden«, verteidigte Kerstin Daniel, den sie ganz gern mochte.

»Ja, ja, dein Daniel«, lästerte ihr Bruder. »Letztens hat der Angeber in der Pause behauptet, dass er in der Schule nur Einser schreiben würde.«

»Stimmt doch«, fiel ihm Marc lachend ins Wort. »Er kann halt nur Einser schreiben, andere Zahlen hat er nie gelernt!«

Alle lachten über den gelungenen Scherz. Sogar Kerstin konnte nicht ernst bleiben.

Sandra hatte während der allgemeinen Erheiterung eine Schere aus der Schublade des Schreibtisches gekramt und begann, den Zeitungsartikel auszuschneiden, um ihn in ihren Streich- und Abenteuerordner abzuheften. Der Ordner hatte inzwischen einen recht ansehnlichen Umfang. Vor allem die Beschreibungen der vielen Streiche nahmen eine Menge Platz ein.

Während Sandra herumschnippelte, entdeckte sie einen weiteren interessanten Artikel, der auf der gleichen Seite der Zeitung stand.

»Schaut euch mal das Foto auf dieser Seite an. Die Bildunterschrift sagt, dass es sich um ein Schwarzweiß-Foto handelt, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden ist. So hat also damals der Ludwigshafener Ortsteil Mundenheim ausgesehen, in dem wir jetzt leben. Da war Mundenheim ein kleines Dorf und gehörte noch nicht zu Ludwigshafen.«

Kevin und Kerstin beugten sich zu Sandra, um sich das Foto anzuschauen. »Mensch, da gab es ja noch nicht einmal Autos. Seht mal, die vielen Pferdefuhrwerke.«

»Und schaut euch die Männer an, die alle Hüte tragen. Das sieht lustig aus.«

Kerstin las den dazugehörenden Text. »Da steht, dass vor über 100 Jahren eine Lokalbahn durch Mundenheim geführt hat und immer wieder die Pferde der Bauern scheuen ließ. Das Dorfzentrum hieß damals ›Börse‹, heute heißt die Kreuzung ›Am Schwanen‹, benannt nach einer Wirtschaft, die es nicht mehr gibt.«

Marc saß eine Zeit daneben und kraulte seinen Dalmatiner Elvis, der dies in vollen Zügen genoss. »Zeigt mal her«, unterbrach er aus heiterem Himmel sein selbstauferlegtes Schweigegelübde. Er riss Sandra die Zeitung aus den Händen und sah auf den Bericht.

Schon nach wenigen Sekunden gab er ihr die Zeitung kopfschüttelnd zurück. »Die Redakteure könnten ihre Artikel mal ein bisschen sorgfältiger schreiben. Da hat sich mal wieder ein ganz dicker Fehler eingeschlichen!«

Frage: Was fiel Marc an dem Zeitungsartikel auf? Was stimmte nicht?

Antwort: .nnageb 1091 rhaJ mi sehclew ,strednuhrhaJ .02 sed nnigeB ned hcilniehcsrhaw etniem ruetkadeR reD .nednufre thcin hcon eifargotoF eid raw tieZ reseid uZ .nemmats strednuhrhaJ .91 sed nnigeB mov etllos otoF saD

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