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Sandras erster Fall – Der Computerdiebstahl

Autor: Harald Schneider

Kevin träumte schon eine ganze Weile vor sich hin.

„Der Unterricht nach den Sommerferien fängt mal wieder ätzend an. Gleich in der ersten Stunde Algebra, schlimmer kann es gar nicht kommen. Wenn Herr Neumann nur wüsste, wie wenig mich seine Zahlen interessieren. Ein Schuljahr, das mit Mathe anfängt, hat einfach nichts Gutes zu bedeuten.“

Er raufte sich zum wiederholten Male seinen dichten Lockenkopf und seufzte an einem Stück.

Marc, sein Banknachbar und zugleich bester Freund, war genauso wenig bei der Sache. Er hatte mit seinen Eltern zwei Wochen auf einem Bauernhof verbracht. Das war für ihn allemal spannender gewesen als die doofe Schule. Er träumte von den vielen Tieren, die er auf dem Bauernhof gesehen hatte und wie er zum ersten Mal in seinem Leben eine Kuh melken durfte. Der erste Versuch ging zwar kräftig daneben, aber die Bäuerin hatte ihm dann den richtigen Handgriff gezeigt und im Nu hatte er den Dreh rausgehabt.

Kevins Zwillingsschwester Kerstin freute sich darauf, dass die Schule endlich wieder anfing. Sie fand den Unterricht spannend und folgte interessiert den Erklärungen von Herrn Neumann. Sie schaute kurz nach hinten zu ihrem Bruder und sah dessen abwesenden Blick.

„Klar, heute Mittag muss ich ihm wieder bei den Hausaufgaben helfen. Ohne mich ist der doch glatt verloren.“

Das wusste Kerstin nur zu genau, als sie in das verträumte Gesicht ihres Zwillingsbruders blickte.

Kerstin, Kevin und Marc waren gute Freunde. Fast jeden Tag trafen sie sich nach der Schule in ihrem Clubraum. Der befand sich zuhause bei den Zwillingen. Zusammen mit Marc hatten sie ihren Treffpunkt liebevoll eingerichtet. Die drei hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Wegen der vielen lustigen Streiche, die sie immer wieder ausheckten, wurden sie von ihren Klassenkameraden die „wilden Drei“ genannt.

Während die drei mehr oder weniger Herrn Neumanns Al­gebraunterricht folgten, klopfte es an der Tür. Dann öffnete sich die Klassentür und eine große, rothaarige Frau trat ein. Erst nach genauerem Hinsehen erkannten die Schüler ein Mädchen, dass sich hinter dem Rücken der Frau zu verstecken versuchte.

„Guten Tag, Frau Meier“, wandte sich Herr Neumann dem Besuch zu. „Schön, dass es heute doch noch geklappt hat. Da kann ihre Tochter Sandra gleich am Unterricht mitmachen und muss später nichts nacharbeiten.“

Das schüchterne Mädchen mit dem Namen Sandra hatte lange blonde Haare und viele lustige Sommersprossen. Sie schaute für einen kurzen Moment neugierig in die Klasse und suchte dann sofort wieder hinter ihrer Mutter Schutz.

Als Herr Neumann dies bemerkte, lächelte er.

„Du brauchst keine Angst zu haben, Sandra. Schau, dort hinten ist noch ein Platz für dich frei.“

Zur Klasse sagte er: „Sandra ist gestern mit ihren Eltern nach Ludwigshafen gezogen. Sie sollte eigentlich erst morgen zur Schule kommen. Deshalb habe ich euch noch nichts von ihr erzählt. Wenn ihr alle ein bisschen mithelft, wird sie sich schnell bei uns zurechtfinden.“

Frau Meier sah etwas besorgt aus, als sie ihre Tochter ängstlich und mit gesenktem Kopf zu ihrem Platz schleichen sah. Aber nach einem beruhigenden Nicken des Lehrers verabschiedete sie sich schließlich.

An ein konzentriertes Arbeiten war in dieser Schulstunde nicht mehr zu denken. Die Gedanken aller Schüler kreisten um ihre neue Mitschülerin. Wer ist sie? Woher kommt sie? Sollen wir ihr gleich einen Streich spielen?

Die Pausenglocke war wie eine Erlösung. Kerstin schulterte ihren Rucksack und stand auf, wartete aber an der Tür auf Sandra, die ein paar Reihen hinter ihr gesessen hatte.

„Komm mit, ich zeig’ dir den Weg zu unserem Computerraum im Keller. Wir haben in der nächsten Stunde Naturwissenschaften. Das wird dir bestimmt gefallen, die Schule hat gerade neue Computer bekommen.“

Sandra schaute ziemlich unsicher drein, ging dann aber dankbar mit ihr in Richtung Treppenhaus. Unterwegs stellte Kerstin ihr ihren Bruder Kevin und dessen Freund Marc vor. Sandra verlor bereits etwas von ihrer Scheu. Sie hatte nicht damit gerechnet, so schnell Anschluss zu finden.

Die Fachräume für Physik, Chemie und Biologie befanden sich im Untergeschoss des vor wenigen Jahren umgebauten und vollständig renovierten Schulzentrums. Sie waren mit modernsten Computern und technischen Geräten ausgestattet.

Als die vier im Keller ankamen, hörten sie die lauten und aufgeregten Stimmen von ihrem Lehrer Herrn Sänger und des Hausmeisters Lampe. Die beiden standen vor dem Eingang zum Computersaal und waren völlig aus dem Häuschen.

Hinter den Schülern kam in diesem Moment Rektor Meyer angeschossen.

„Entsetzlich, jemand hat fünf unserer neuen Computer gestohlen. Wie konnte so etwas nur passieren? Ich kann das überhaupt nicht verstehen. Ich habe eben erst den Raum aufgeschlossen, weil er in der ersten Stunde nicht belegt war. Und da entdecke ich die leeren Tische, auf denen die Geräte gestanden haben“, berichtete Lehrer Sänger aufgebracht dem noch atemlosen Schuldirektor.

„Der Dieb muss wahrscheinlich am letzten Schultag vor den Ferien eingebrochen sein. Ich hatte das gesamte Kellergeschoss während der Ferien wie immer sorgfältig abgeschlossen und erst vor einer halben Stunde Herrn Sänger den Schlüssel gegeben“, versicherte der Hausmeister.

Rektor Meyer schickte Herrn Sänger sogleich nach oben ins Lehrerzimmer, um von dort die Polizei anzurufen.

Danach betrat er mit Hausmeister Lampe den Computerraum. Die drei Freunde und Sandra folgten den beiden Erwachsenen und schauten sich alles ganz genau an.

Es gab nicht viel Interessantes zu sehen. Der Saal sah aus wie immer. Alles war blitzblank sauber, nirgendwo war ein Staubkorn zu sehen, nirgendwo lag ein weggeworfenes Stückchen Papier herum.

Das einzig Auffällige waren die fünf leeren Tische, auf denen die Computer mit den Bildschirmen gestanden hatten. Dort herrschte gähnende Leere, selbst die Verbindungskabel hatten die Diebe demontiert und mitgenommen.

Die dunklen Vorhänge des Computerraums waren zurückgezogen und die Fenster, die in einem Lichtschacht mündeten, waren allesamt von innen fest verriegelt. Selbst die massive Eingangstür zeigte keinerlei Spuren eines Einbruchs. Der Sicherheitsschließzylinder war unversehrt.

Rektor Meyer und der Hausmeister standen neben der Tafel und diskutierten lebhaft, ohne jedoch zu einem Ergebnis über den möglichen Zeitpunkt des Einbruchs zu kommen.

Sandra schaute kurz zu den beiden Erwachsenen auf, diese nahmen aber keinerlei Notiz von ihr. Daraufhin begann sie, den Raum ganz genau zu untersuchen. Die drei Freunde wunderten sich, als Sandra sogar auf allen vieren unter den Tischen herumkroch und selbst den Boden begutachtete. Sie inspizierte sogar den großen runden Papierkorb unter dem Waschbecken und nicht zuletzt die unbeschriebene Tafel, an deren Seite eine Ablage mit einem trockenen Schwamm und ein kleines Körbchen mit Kreide befestigt waren.

Nach ihrer ausgiebigen Begutachtung, die fast eine Viertelstunde in Anspruch genommen hatte, machte Sandra ein zufriedenes Gesicht. Sie stellte sich stumm zu ihren neuen Freunden, die inzwischen dem Rest ihrer Klasse von der aufregenden Neuigkeit berichtet hatten.

Auch der Direktor hatte mittlerweile den Raum untersucht und wandte sich zerknirscht an Herrn Lampe:

„Sie haben sicher recht, der Diebstahl muss bereits eine Weile zurück liegen. Die Diebe sind längst über alle Berge.“

Da drängelte sich Sandra in den Vordergrund:

„Herr Direktor Meyer, Sie irren sich. Es war erst vor Kurzem jemand in diesem Raum, das steht eindeutig fest!“

Frage: Welches Indiz sprach für die Behauptung von Sandra? Wer war erst kürzlich im Computerraum?

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