Schüler macht Hausaufgaben

Der Kampf gegen die Hausaufgaben

Autor: Harald Schneider

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Zu jedem Schuljahrbeginn müs­sen wir uns ein neu­es Hausaufgabenheft zule­gen. Fast alle Lehrer leg­ten gro­ßen Wert dar­auf, dass die­ses Heft ordent­lich und voll­stän­dig geführt wur­de. Für unse­re Klassenlehrerin, Frau Augstein, soll­te sich das rächen.

An einem Montag hat­te sie ange­kün­digt, dass sie die nächs­ten drei Tage an einer Fortbildung für Lehrer teil­nimmt und uns des­we­gen Vertretungslehrer unter­rich­ten wer­den. Erst am Freitag soll­ten wir wie­der in der ers­ten Stunde Unterricht bei ihr haben.

Frau Augstein wirk­te die gan­ze Stunde sehr auf­ge­regt, wahr­schein­lich freu­te sie sich auf ihre Fortbildung. Am Schluss der Stunde ver­gaß sie fast, uns Hausaufgaben auf­zu­ge­ben. In der letz­ten Sekunde, wir hat­ten bereits alle unse­re Taschen gepackt, fiel ihr es doch noch ein. Irgendwie ver­lor sie dabei den Überblick.

Sie gab uns mas­sen­haft Hausaufgaben auf, gera­de so, als hät­ten wir bis Freitag nichts ande­res zu tun. Bevor sie sich ver­ab­schie­de­te, mein­te sie noch, wir soll­ten die Aufgaben in der nächs­ten Stunde in unser Hausaufgabenheft nachtragen.

Ich hat­te eine Blitzidee, und trom­mel­te am Folgetag in der Pause die gan­ze Klasse zusammen.

Am kom­men­den Freitag kam Frau Augstein gut gelaunt in unse­re Klasse und staun­te nicht schlecht, als wir nicht auf unse­ren Plätzen saßen, son­dern in der Nähe des Lehrerpults ste­hend auf sie warteten.

Was denn los sei?, woll­te sie von uns wis­sen. Wir ant­wor­te­ten in ruhi­gem Ton, dass wir auf sie gewar­tet haben, damit wir end­lich los­fah­ren kön­nen. Unsere Klassenlehrerin schau­te uns ver­wirrt an.

Ich bau­te mich vor ihr auf und sag­te, dass sie doch am Montag gesagt habe, dass wir am Freitag einen Ausflug in den Tierpark machen wer­den. Frau Augstein stand wie zur Salzsäule erstarrt da. Ich hol­te mein Hausaufgabenheft her­vor und zeig­te die Seite mit dem Eintrag “Freitag, Ausflug Tierpark, Treffpunkt 8 Uhr Schule”.

Unsere Lehrerin fing an, ner­vös zu wer­den. Andere Schüler leg­ten nach und zeig­ten eben­falls ihr Hausaufgabenheft mit dem iden­ti­schen Eintrag.

Erst als ich ihr sag­te, dass sie kei­ne Angst zu haben bräuch­te, da wir alle genug zu essen und trin­ken haben, war sie wie­der zu einer Antwort fähig. Sie frag­te, ob wir denn kei­ne Schulsachen dabeihätten.

Als wir das ver­nein­ten, über­leg­te sie noch einen Moment und mach­te dann aus die­ser Situation das Beste, was sie aus ihrer Sicht machen konn­te: Wir mach­ten einen Ausflug in den Tierpark. Ach ja, die Hausaufgaben waren vergessen.