Cover Die wilden Vier - Band 3

Die wilden Vier greifen ein

Autor: Harald Schneider

»Mensch, das ist doch logisch! Warum sind wir nicht früher draufgekommen? Natürlich suchen die Gauner den Ring und die Papiere«, rief Sandra.

Marc schüttelte den Kopf. »Das macht doch absolut keinen Sinn! Weder auf dem Ring noch in den Papieren stand ein gültiger Registrierungscode. Und die sinnlosen Zahlen sind völlig uninteressant.«

 »Ich glaube, die Zahlencodes sind nur für die Züchter uninteressant«, widersprach Kerstin. »Irgendetwas wird es mit den Zahlen auf sich haben. Und ich weiß auch, was es ist!«

»Na, dann schieß mal los«, forderte Kerstin ihre Freundin ungläubig auf.

»Ganz einfach, die Zahlencodes auf den Registrierungsringen, beziehungsweise in den Papieren, ergeben eine verschlüsselte Geheimnachricht. Nur wenn man den Geheimschlüssel kennt und alle drei Papageiencodes hat, kann man die Nachricht entschlüsseln.«

Kerstin schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Jetzt verstehe ich auch, warum die beiden Aras aus dem Ebert-Park gestohlen wurden. Es ging nicht um die Papageien, sondern um die Zahlen auf den Ringen.«

Sandra nickte. »Dummerweise haben die Gauner im Park nur zwei der gesuchten Aras gefunden. Sie mussten aber gewusst haben, dass sie aus Colemans Papageienzucht kamen. Deshalb waren sie hier, um den dritten Code zu beschaffen.«

»Den unser Freddie aus irgendeinem Grund versteckt hat«, ergänzte Marc.

»Das hat er vielleicht noch nicht einmal mit Absicht gemacht«, warf Kerstin ein. »Vielleicht hatte er es gut gemeint und den falschen Ring entfernt und zusammen mit den gefälschten Papieren weggeworfen.«

»Weggeworfen?«, wiederholte Sandra. »Du bringst mich auf eine Idee!« Sie lief zurück ins Büro. Die anderen folgten ihr mit Frau Coleman.

Im Büro schnappte sie sich den überfüllten Papierkorb und entleerte ihn auf einem freien Platz auf einem der Schreibtische. Ihre Freunde hatten inzwischen begriffen und halfen ihr, den Inhalt des Papierkorbes zu durchsuchen.

»Igitt«, schrie Marc, als er in einen angefaulten Apfelrest fasste. »Von Mülltrennung und Recycling hat der wohl noch nie was gehört!«

»Für ein Recycling taugt dieses vergammelte Ding wirklich nicht mehr«, neckte ihn Kevin.

So sehr sie auch suchten, sie fanden weder die Papiere noch den Registrierungsring. Enttäuscht füllten sie die Reste wieder in den Papierkorb.

»Freddie kann die Sachen natürlich auch aufgehoben und in einen der vielen Ordner gesteckt haben«, meinte Marc. »Dann werden wir schätzungsweise fünf Jahre brauchen, um das ganze Chaos zu durchsuchen.«

Frau Coleman hatte sich wieder in den Sessel gesetzt. Obwohl sie noch ziemlich mitgenommen aussah, sprach sie mit gefasster Stimme. »Ich halte die Warterei nicht mehr lange aus. Wenn sich die Entführer in einer Stunde nicht melden, werde ich die Polizei anrufen.«

Sandra wollte gerade antworten, da klingelte neben ihr ein Handy. Alle zuckten wegen des unerwarteten Geräusches zusammen. Sandra hob zwei oder drei Prospekte vom Schreibtisch und entdeckte das Mobiltelefon. Etwas unsicher nahm sie es in die Hand und drückte vorsichtig die Sprechtaste.

»Ja?«, sprach sie.

Die anderen standen regungslos daneben und versuchten angestrengt, etwas von dem Gespräch mitzubekommen. Doch außer einem gelegentlichen »Ja« oder »Okay« von Sandra konnten sie nichts verstehen. Nur einmal sagte sie energisch: »Nein, so läuft das nicht. Wir kommen zu Ihnen!« Zwei Minuten später beendete ihre Freundin das Telefonat.

»Wer war das?«, drängelte Kevin. »Nun sag schon!«

Sandra antwortete: »Das waren tatsächlich diese Gauner, was auch nicht anders zu erwarten war. Dies ist Freddies Handy.« Sie hob das Telefon hoch und sprach weiter: »Freddie hat ihnen verraten, wo der Ring ist. Sie verlangen von mir, dass ich ihn suche und ihnen am Telefon die eingeprägte Nummer durchgebe. Da habe ich mich einfach geweigert.«

»Und nun? Was passiert jetzt?«, fragte Marc.

»Ist doch klar. Wir fahren zu den Gaunern. Übrigens wissen sie, wer wir sind, da sie uns gesehen haben, als wir gekommen sind. Freddie muss ihnen daraufhin alles von uns berichtet haben.«

»Das ist doch nicht möglich!«, rief Kerstin erstaunt. »Wenn die dir am Telefon gesagt haben, wo wir sie finden, könnten wir doch die Polizei anrufen.«

»So einfach haben die es uns auch wieder nicht gemacht«, wehrte Sandra ab. »Wir sollen mit unseren Rädern ganz langsam an der Schule in Maudach vorbeifahren, damit sie sehen können, dass wir alleine sind. Danach melden sie sich wieder auf diesem Handy.«

»Ach ja«, ergänzte sie mit Blick auf Marc. »Elvis wirst du nicht mitnehmen können. Darauf haben die Ganoven bestanden. Lass ihn am besten bei Frau Coleman im Büro.«

Freddies Mutter hatte sich erhoben und redete ängstlich auf die Jugendlichen ein: »Das könnt ihr nicht machen! Das ist viel zu gefährlich. Es reicht, wenn die meinen Sohn haben. Die Gauner werden euch bestimmt auch gefangen nehmen!«

»Keine Angst«, beruhigte Marc sie. »Wir sind schon mit ganz anderen Ganoven fertig geworden. Darf ich meinen Dalmatiner solange bei Ihnen lassen?«

Sandra war währenddessen an eine Regalwand gegangen und suchte etwas. Schließlich zog sie einen Ordner hervor und öffnete ihn. Ganz vorne befand sich eine Klarsichthülle, in der ein Ring steckte. Sie nahm ihn heraus und entzifferte die eingeprägte Zahl auf der Innenseite des Ringes.

»Mir sagt diese Zahl überhaupt nichts«, sagte sie kopfschüttelnd und riss ein Blatt von einem Notizblock ab, der vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Mit dem danebenliegenden Kugelschreiber notierte sie die Nummer. »So, und jetzt gleich noch mal«, sagte sie und wiederholte das Ganze auf einem zweiten Blatt.

»Wozu soll das gut sein?«, wollte Kevin wissen.

»Das ist mein Geheimnis. Das wirst du noch sehen. Los kommt, wir sollten eigentlich längst weg sein.«

Die vier beruhigten Frau Coleman mit ein paar Worten und versprachen ihr, sich so bald wie möglich bei ihr zu melden. Marc verabschiedete sich von seinem Hund, nachdem er ihm eine Schüssel mit Wasser hingestellt hatte. Dann schwangen sich die Freunde auf ihre Räder und fuhren in Richtung Schule.

»Warum sollen wir ausgerechnet an der Schule vorbeifahren?«, fragte Kevin unterwegs.

»Das weiß ich auch nicht«, antwortete Sandra. »Vielleicht können sie uns dort gut beobachten.«

»Du, Sandra, hast du auch das Handy dabei?«, fragte Marc plötzlich.

Sandra griff in ihre Hosentasche und zog das kleine Gerät heraus. »Für wie doof hältst du mich eigentlich?«

»Man wird ja noch mal fragen dürfen«, antwortete Marc beleidigt. »Hoffentlich ist der Akku voll.«

In diesem Moment bogen sie in die Schilfstraße ein und sahen das Schulgebäude auf der linken Straßenseite.

»Jetzt lasst uns da langsam vorbeifahren«, meinte Kerstin. »Hoffentlich sehen die uns.«

»Darauf kannst du Gift nehmen.«, lachte Marc. »Die wollen ja etwas Wichtiges von uns haben.«

Sie hielten nach dem dunklen Kastenwagen und verdächtigen Personen Ausschau, aber leider ohne Erfolg.

Nachdem sie die Schule hinter sich gelassen hatten, hielten sie am Straßenrand an.

»Und was machen wir nun?«, fragte Kerstin ratlos.

In diesem Augenblick klingelte das Handy in Sandras Hosentasche. Während sie mit Freddies Entführern sprach, standen ihre Freunde aufgeregt um sie herum.

»Ja, okay, machen wir«, beendete Sandra das Gespräch und legte auf. »Hört zu«, begann sie ihre Freunde über ihr Gespräch zu informieren. »Die müssen uns tatsächlich beobachtet haben. Sie wissen, dass wir alleine unterwegs sind und das Elvis nicht dabei ist. Wir sollen in den Maudacher Bruch fahren. Zuerst am Michaelsberg vorbei, dann zwischen Schreier- und Jägerweiher hindurch aufs offene Feld immer weiter nach Norden. Kurz hinter dem Jägerweiher liegen rechts jede Menge Schrebergärten. Wir sollen bis zum Einfahrtstor des Hintereingangs fahren und dort auf weitere Instruktionen warten.«

»Na, dann mal los«, sagte Kevin. »Da haben wir noch ein ganz schönes Stück vor uns.«

»Außerdem haben die Gauner die Strecke geschickt ausgewählt«, fügte Sandra hinzu. »Autos dürfen dort nicht fahren und man kann leicht kontrollieren, ob uns nicht doch jemand in größerem Abstand folgt.«

Bereits zwei Minuten später erreichten die vier den Ortsrand. Unmittelbar daran schloss sich der Wald an. Bereits nach zweihundert Metern erreichten sie das freie Feld. Dort bogen sie nach rechts zu den Weihern ab.

»Seht mal, auf der rechten Seite.« Kerstin deutete auf einen größeren Hügel. »Das ist der Michaelsberg. Nur wenige wissen, dass der Berg nur aus Müll besteht. Da haben die Ludwigshafener Jahrzehnte lang ihren ganzen Dreck abgeladen. Da der Müll inzwischen verbrannt wird, hat man die Deponie geschlossen und den Berg begrünt. Nun kann man darauf spazieren gehen.«

Niemand interessierte sich für Kerstins Ausführungen. Zu angespannt war die Lage. Die Konfrontation mit Freddies Entführern schien unmittelbar bevorzustehen.

Die wilden Vier fuhren weiter Richtung Norden. Den Jägerweiher hatten sie schon hinter sich gelassen. In der Ferne konnte man die Geräuschkulisse der Autobahn hören.

»Wie weit müssen wir noch fahren?«, fragte Kevin ungeduldig.

»Nur noch einen kurzen Augenblick, Bruderherz«, antwortete seine Schwester. »Gleich haben wir unser Ziel erreicht.«

Kurz darauf bogen sie an einer Wegkreuzung rechts ab und erreichten den Eingang zu den Schrebergärten.

»In dieser Idylle sollen sich die Gauner aufhalten?«, fragte Sandra ungläubig.

»Vielleicht sind wir noch gar nicht am endgültigen Ziel und müssen noch weiter«, mutmaßte Marc.

Die vier stiegen von ihren Rädern und schauten neugierig in die Gartenanlage.

»Da scheint nicht gerade viel Betrieb zu sein«, meinte Kerstin.

»Für die Gartenbesitzer dürfte es inzwischen zu kalt geworden sein«, vermutete Sandra. »Diese kleinen Steinhäuschen auf den Parzellen verfügen zwar alle über Heizung, aber die Gartensaison ist für dieses Jahr endgültig vorbei.«

»Also ein ideales Versteck für unsere Freunde«, meinte Sandra. »Aber warum klingelt dieses blöde Handy nicht? Diesmal lassen die uns ewig warten.«

»Das könnte zweierlei bedeuten«, schlussfolgerte Kevin. »Entweder sind die Gauner selbst noch nicht am Ziel oder sie sind nicht in unserer Nähe und wollen etwas warten, um sicher zu gehen, dass wir wirklich hier am Eingang stehen.«

Die wilden Vier mussten fast fünf endlose Minuten warten, ehe das Handy läutete.

Auch dieses Mal sprach Sandra mit den Entführern. Die Mitteilung schien sehr kurz zu sein, denn nach weniger als einer Minute war das Gespräch beendet.

»Auf geht’s, wir müssen weiter. Wir sollen den Hauptweg quer durch die Anlage fahren und auf dem großen Parkplatz am anderen Ende warten. Sie würden sich dann wieder melden.«

Die vier radelten den breiten Weg entlang. Auf einmal zog Kevin schlagartig die Bremse. Da er vorne fuhr, kam es fast zu einem Auffahrunfall.

»He, was soll das, Kevin? Sollen wir wegen dir stürzen?«

»Seid mal ruhig. Ich habe was gesehen.« Blitzschnell stieg er von seinem Rad und lehnte es an einen Zaun.

»Bleibt am besten hier stehen. Ich glaube, ich habe im letzten Seitenweg den Kastenwagen gesehen. Ich schleiche mich mal an und sondiere die Lage.«

»Ich glaube, das muss ein anderer Wagen sein«, sagte Marc. »Die Gauner warten bestimmt auf dem Parkplatz auf uns.«

»Ich weiß nicht«, sagte Sandra. »Es könnte schon möglich sein, dass Kevin Recht hat. Die Entführer halten Freddie bestimmt in einem dieser Häuschen gefangen. Von uns wollen sie bloß den Ring. Daher gibt es für sie keine Veranlassung, uns zu ihrem Versteck zu führen.«

Kevin war bereits verschwunden. Er ging bis zur letzten Wegkreuzung zurück und schaute vorsichtig um die Ecke. Es war kein menschliches Wesen zu sehen. Bäume und Büsche als Deckung nehmend, schlich er näher. Tatsächlich, es war der bekannte schwarze Kastenwagen mit den abgedunkelten Scheiben. Und dahinter stand auch die Harley-Davidson. Kevin schlich weiter bis zum Wagen. Er versuchte, etwas auf dem angrenzenden Gartengrundstück zu erkennen.

Auf dem Rasen stand ein Campingtisch mit vier Stühlen. Auf dem Tisch lagen mehrere Schraubendreher und Zangen. Daneben erkannte er bei genauerem Hinsehen einen Fotoapparat und mehrere Objektive. Das kleine Haus, das am hinteren Ende des Grundstücks lag, gab keine Hinweise auf mögliche Bewohner. Die Vorhänge waren zugezogen. Kevin wartete einen Augenblick, ohne dass sich etwas Verdächtiges bewegte.

Dann hatte er genug gesehen. Geduckt schlich er auf dem gleichen Weg zu seinen Freunden zurück. Dort wartete er mit einer Überraschung auf.

»Das ist der gesuchte Wagen. Hier sind wir richtig. Es scheint sich im Moment niemand dort aufzuhalten. Ach noch was, ich kenne einen der Entführer mit Namen.«

Frage: Wen meinte Kevin und warum war er sich so sicher?

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