Der falsche Zeitungsartikel
Autor: Harald Schneider
Wie fast jeden Nachmittag trafen sich die wilden Vier zuhause bei den Zwillingen Kerstin und Kevin. Im Keller des Hauses hatten sie ihren eigenen Clubraum, den sie nach ihren Wünschen gestaltet und eingerichtet hatten. Marc und auch Sandra, die erst seit diesem Schuljahr in Ludwigshafen wohnte und auf Anhieb Mitglied der wilden Vier geworden war, machten dort häufig ihre Hausaufgaben.
Es war gerade eine gute Woche her, seit die wilden Vier zusammen mit ihrem überaus neugierigen Dalmatiner Elvis und ihrem Klassenkameraden Daniel haarsträubende Abenteuer im Keller des Rathauscenters erlebt hatten.
Sandra saß tiefgebückt über ihrem Mikroskop. An einem kleinen Rädchen stellte sie die größtmögliche Vergrößerung ein. Mit ruhiger Hand verschob sie millimeterweise die zwei kleinen Glasblättchen unter der Vergrößerungslinse.
Kevin schaute ihr bereits eine ganze Weile interessiert zu. Schließlich sprach er sie an: »Ich glaube, Sherlock Holmes könnte bei dir noch etwas lernen. Dir scheint nichts zu entgehen. Für mich sieht das, was du da untersuchst, wie ein kleiner Dreckhaufen aus.«
»Mensch Kevin, wie oft muss ich dir das noch erklären. Sherlock Holmes ist nur eine erfundene Romanfigur die nie gelebt hat. Wir dagegen sind aus Fleisch und Blut und leben in der Realität. Außerdem ist das kein Dreckhaufen sondern ein wichtiges Beweisstück.«
»Haha, was willst du mit diesem Lehmbröckchen beweisen? Dreck bleibt Dreck!«
Sandra schaute ihrem Kameraden Kevin fest in die Augen, überlegte einen Moment und antwortete dann schelmisch grinsend: »Klar ist das Dreck. Damit habe ich bewiesen, dass du dir heute nicht die Zähne geputzt hast!«
Kevins Zwillingsschwester Kerstin schaute zu ihrem Bruder und fing an zu lachen. »1:0 für dich, Sandra.«
Kevin drehte sich Grimassen schneidend um. Solche Späße kannte er zur Genüge. Deshalb fühlte er sich auch nicht im Geringsten beleidigt. Das nächste Mal war sicherlich er wieder an der Reihe, um einen Spaß auf Kosten anderer zu machen.
Währenddessen blätterte Marc in der Tageszeitung, die er heute Morgen von seinem Onkel Franz bekommen hatte. Normalerweise las er nur die Sportbeilage, der Rest interessierte ihn nicht weiter. Doch heute schien er in die regionalen Nachrichten vertieft zu sein. Kopfschüttelnd las er die Überschriften und blätterte weiter. Nach vier oder fünf Seiten wurde er endlich fündig.
»Da schau an! Wie mein Onkel gesagt hat: Die Rheinpfalz berichtet auf einer halben Seite von unserem letzten Abenteuer im Rathauskeller. Sogar mit einem Foto von uns. Unten rechts haben sie sogar einen Plan des unterirdischen Labyrinths abgedruckt. Und jetzt kommt das Beste: Die Stadtverwaltung will einmal monatlich Führungen durch diese Kellergewölbe anbieten. Die Besichtigung soll im Rathaus beginnen. Der verschüttete Stollen wird in diesen Tagen wieder freigelegt.«
Sandra sah von ihrem Mikroskop auf. »Brauchen die noch Führer für ihre Touren? Das wäre was für uns. Immerhin haben wir die Gewölbe entdeckt.«
Kevin hatte den Artikel inzwischen ebenfalls überflogen und brummelte vor sich hin. »Mich ärgert bloß, dass die Zeitungsleute dreimal diesen Daniel erwähnt haben. So wichtig war der nun auch wieder nicht.«
»Na ja, ohne Daniel hätten wir keine Verbindung zu Jutta Marsanek bekommen und das Abenteuer hätte erst gar nicht stattgefunden«, verteidigte Kerstin Daniel, den sie ganz gern mochte.
»Ja, ja, dein Daniel«, lästerte ihr Bruder. »Letztens hat der Angeber in der Pause behauptet, dass er in der Schule nur Einser schreiben würde.«
»Stimmt doch«, fiel ihm Marc lachend ins Wort. »Er kann halt nur Einser schreiben, andere Zahlen hat er nie gelernt!«
Alle lachten über den gelungenen Scherz. Sogar Kerstin konnte nicht ernst bleiben.
Sandra hatte während der allgemeinen Erheiterung eine Schere aus der Schublade des Schreibtisches gekramt und begann, den Zeitungsartikel auszuschneiden, um ihn in ihren Streich- und Abenteuerordner abzuheften. Der Ordner hatte inzwischen einen recht ansehnlichen Umfang. Vor allem die Beschreibungen der vielen Streiche nahmen eine Menge Platz ein.
Während Sandra herumschnippelte, entdeckte sie einen weiteren interessanten Artikel, der auf der gleichen Seite der Zeitung stand.
»Schaut euch mal das Foto auf dieser Seite an. Die Bildunterschrift sagt, dass es sich um ein Schwarzweiß-Foto handelt, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden ist. So hat also damals der Ludwigshafener Ortsteil Mundenheim ausgesehen, in dem wir jetzt leben. Da war Mundenheim ein kleines Dorf und gehörte noch nicht zu Ludwigshafen.«
Kevin und Kerstin beugten sich zu Sandra, um sich das Foto anzuschauen. »Mensch, da gab es ja noch nicht einmal Autos. Seht mal, die vielen Pferdefuhrwerke.«
»Und schaut euch die Männer an, die alle Hüte tragen. Das sieht lustig aus.«
Kerstin las den dazugehörenden Text. »Da steht, dass vor über 100 Jahren eine Lokalbahn durch Mundenheim geführt hat und immer wieder die Pferde der Bauern scheuen ließ. Das Dorfzentrum hieß damals ›Börse‹, heute heißt die Kreuzung ›Am Schwanen‹, benannt nach einer Wirtschaft, die es nicht mehr gibt.«
Marc saß eine Zeit daneben und kraulte seinen Dalmatiner Elvis, der dies in vollen Zügen genoss. »Zeigt mal her«, unterbrach er aus heiterem Himmel sein selbstauferlegtes Schweigegelübde. Er riss Sandra die Zeitung aus den Händen und sah auf den Bericht.
Schon nach wenigen Sekunden gab er ihr die Zeitung kopfschüttelnd zurück. »Die Redakteure könnten ihre Artikel mal ein bisschen sorgfältiger schreiben. Da hat sich mal wieder ein ganz dicker Fehler eingeschlichen!«
Frage: Was fiel Marc an dem Zeitungsartikel auf? Was stimmte nicht?
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