Ein neuer Fall für die wilden Vier
Autor: Harald Schneider
Sandra musste, genau wie die anderen, Marc recht geben. Dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch keine Fotoapparate erfunden waren, wussten sie zwar, trotzdem hatten sie diesen Fehler überlesen.
»Macht euch nichts draus«, tröstete sie Marc. »Das mit der Zählweise der Jahrhunderte hat schon viele verwirrt. Wir leben im 21. Jahrhundert und trotzdem fangen die Jahreszahlen mit 20 an.«
»Ja, das ist zwar logisch, aber es ärgert mich dennoch. So etwas darf man nicht überlesen. Wir müssen uns angewöhnen, genauer hinzuschauen, sonst übersehen wir entscheidende Hinweise beim Aufklären unserer Fälle.«
Sandra wollte auf andere Gedanken kommen. Sie schnappte sich den Streiche- und Abenteuerordner und schlug das Inhaltsverzeichnis auf. Da sie erst seit Kurzem Mitglied der wilden Vier war, kannte sie noch nicht alle Streiche, die Kevin, Kerstin und Marc vor ihrer Zeit durchgeführt hatten. Sie suchte sich eine interessant erscheinende Überschrift heraus und schlug die entsprechende Seite auf. Sie begann zu lesen.
Wie man einen Lehrer zum Verzweifeln bringt
Auch diesmal begann das Schuljahr wieder mit einer Überraschung. Gleich am ersten Tag wurde uns mitgeteilt, dass wir ab sofort einen neuen Lehrer haben. Mit gemischten Gefühlen gingen wir am zweiten Schultag zum Unterricht. Heute sollten wir ihn das erste Mal sehen, auch für Herrn Schlagmann war es der erste Tag an unserer Schule.
›Wird er streng sein, wie sein Name es andeutet, oder würden wir mit ihm klarkommen?‹ Diese Frage beschäftigte uns den ganzen Morgen.
Und dann stand er vor uns und stellte sich vor. Sogleich sagte er uns klipp und klar, dass er keinerlei Schülerstreiche dulde und wir uns lieber um unsere schulischen Leistungen kümmern sollten. Und im Übrigen kenne er bereits alle möglichen Streiche. So sagte er es uns jedenfalls.
Dabei wusste er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass er sich bereits mitten in einem Streich befand. Er bat uns nämlich zu Beginn der Stunde, Namensschildchen aus einem Blatt Papier zu fertigen. Für wie naiv hielt uns unser Lehrer denn?
Klar, dass Marc den Namen seines Banknachbars auf seinem Namenschild stehen hatte. Und Kevin hatte natürlich Marcs Namen auf seinem Schild. Kerstin hieß Lisa, Lisa hieß Sarah und Sarah hatte Julia auf ihrem Schild stehen. Das Gekichere war groß, als sich nach jedem Namensaufruf die oder der vermeintlich Richtige meldete. Herr Schlagmann kapierte nichts. Doch das war erst der Anfang von allem.
Am nächsten Tag hatten wir Deutsch. Herr Schlagmann kam in unseren Klassensaal, begrüßte uns freundlich, schaute in die Runde, dann stutzte er einen Moment. Man merkte, dass er angestrengt nachdachte und an seinen Sinnen zu zweifeln begann. Auf den Gedanken, dass wir ihm einen Superstreich spielten, kam er nicht. Noch nicht. So fand er sich mit der neuen Situation ab und vermutete den Fehler bei sich selbst.
Für einen Lehrer ist es sicherlich nicht leicht, sich innerhalb weniger Tage die Namen von mehreren Schulklassen merken zu müssen. Und wenn sich dann die Namen innerhalb einer Klasse auch noch ändern, dann wird’s um ein Vielfaches schwieriger. Heute hieß Marc nämlich Daniel und Kevin hieß Lukas. Kerstin wurde von Herrn Schlagmann gemäß ihrem Schild mit Eva angesprochen, Louisa hieß Johanna, Micha hatte sich auf Jonas umgetauft und Rouven hörte diese Stunde auf Joshua.
Ein heilloses Durcheinander war im Gange. Unser neuer Lehrer fing schon an, uns ein bisschen leid zu tun. Doch auch wir hatten alle Mühe, unseren jeweiligen Leihnamen zu behalten, um rechtzeitig bei einem Aufruf reagieren zu können.
Am darauffolgenden Schultag, es war diesmal Mathe angesagt, ging der Spaß in die dritte Runde. Leider war dies auch die letzte Runde. Zu Unterrichtsbeginn hatten wir noch unseren Spaß, als Herr Schlagmann stirnrunzelnd und kopfkratzend nachdachte.
»Du hast doch gestern noch an einem anderen Platz gesessen«, sagte er zu Iven, der heute Finn hieß. Doch Iven antwortete wahrheitsgemäß, dass er schon von Anfang an auf demselben Platz sitze.
Das Namenswechselspiel förderte nicht gerade die Konzentration unseres Lehrers.
Schließlich schlug er zu. Er ging auf Kerstin zu, oder jedenfalls die, die er für Kerstin hielt und schnappte sich ihr Mathematikbuch. Er blätterte es auf und las den Namen der Besitzerin: Larissa.
Nun war wohl eine Standpauke fällig. Doch Herr Schlagmann reagierte völlig anders. »Habt ihr es doch geschafft, mich reinzulegen. Ich hätte wohl besser nicht sagen sollen, dass ich alle Tricks kenne. Na ja, auch ein Lehrer lernt nie aus.«
Und damit war die Sache für ihn erledigt. Ab diesem Zeitpunkt kamen wir sehr gut mit ihm aus. Er hatte uns anscheinend als ebenbürtig anerkannt.
Sandra lachte laut heraus. »Wie seid ihr nur auf solch eine Idee gekommen? Das muss der absolute Knaller gewesen sein!«
»War alles nur Notwehr«, antwortete Kevin.
»Notwehr? Habt ihr noch mehr Lehrer in Notwehr reingelegt?«, fragte Sandra immer noch schmunzelnd.
»Boah, lass‘ mal überlegen. Das waren ja so viele Streiche, die wir bisher gemacht haben. Doch, da fällt mir noch einer ein. Unser Geniestreich war ebenfalls reine Notwehr.«
Kevin schlug das Inhaltsverzeichnis auf und suchte das entsprechende Kapitel. Nachdem er es gefunden hatte, gab er den Ordner an Sandra zurück, die nun erneut zu lesen begann.
Wie man zu einem Genie wird
Frau Klamms Geschichtsunterricht war meist ziemlich öde. Wahrscheinlich konnte die gute Frau gar nichts dafür. Seit Jahrhunderten erzählte sie vermutlich jedes Jahr einer anderen Klasse das gleiche historische Wissen. Sie ging stets streng nach Schulbuch vor. Abweichungen kamen nie vor, ebenso wenig besondere Vertiefungen an interessanten Stellen. Wir vermuteten, dass Frau Klamm zwar das Schulbuch in- und auswendig kannte, ihr geschichtliches Wissen damit aber komplett abgedeckt war.
Dies musste natürlich mit einem besonderen Streich bedacht werden.
Unsere Idee hatte allerdings einen Haken: Sie war mit viel Aufwand verbunden, besser gesagt mit Lernaufwand. Doch für einen gelungenen Streich muss man auch mal Opfer bringen können.
Aus unserem Geschichtsbuch wussten wir, dass in ca. drei Wochen das Thema Nordamerika zwischen 1865 und 1929 drankommen würde. Für dieses Thema würde Frau Klamm wohl höchstens eine Doppelstunde opfern, mehr gaben die zwei Seiten im Buch nicht her.
Zuerst begannen wir, die beiden Seiten über Nordamerika auswendig zu lernen. Wichtige Punkte wie Bevölkerungsentwicklung, Besiedlung und Gebietsvergrößerung notierten wir uns separat. Einen Tag später gingen wir zusammen in die Bibliothek und liehen uns rund ein halbes Dutzend Bücher zu diesem Themenblock aus.
Nun mussten wir interessante und leicht verständliche Schwerpunkte herausarbeiten. Wir lernten Jahreszahlen auswendig und die dazugehörigen Ereignisse. Wir hörten uns gegenseitig ab, bis wir am Ende alle regelrechte Nordamerikaspezialisten waren. Die drei Wochen zusätzlichen Lernens waren ziemlich mühsam, noch nie hatten wir für einen Streich solch einen Aufwand betrieben. Doch es sollte sich lohnen.
Frau Klamm begann wie in jeder Geschichtsstunde. Sie las vor. Kaum hatte sie erwähnt, dass die USA 1867 den Russen Alaska abgekauft hatten, meldete sich Marc, der ergänzend hinzufügte, dass die USA rund 20 Jahre später auch in den Besitz der Philippinen, Guams und Puerto Ricos gelangt waren.
Erstaunt schielte Frau Klamm über den Rand ihrer Brille, nickte Marc kurz zu, um dann ihren Text weiter vorzulesen. Kaum hatte sie gesagt, dass ab 1870 das Eisenbahnnetz zügig ausgebaut wurde, fiel ihr Kerstin ins Wort:
»Ja, stellen Sie sich vor, bis 1890 hatte sich das Streckennetz auf 163.000 Kilometer vervierfacht und war damit schon länger als das von ganz Europa!«
Nun ließ Frau Klamm sprachlos den Unterkiefer hängen. Da setzte Kevin schon einen drauf: »Das scheint eine logistische Meisterleistung gewesen zu sein. Frau Klamm, können Sie mit uns einmal die wichtigsten Ost-West-Verbindungen durchsprechen?«
Frau Klamm schluckte und schluckte. Sie war immer noch zu keiner Antwort fähig.
Kerstin setzte nun zum Vernichtungsschlag an: »Vielleicht sollten wir besser über die kanadischen Eisenbahnlinien sprechen. Gerade für die Gründung des kanadischen Bundes 1867, den Kauf Rupertslands durch die Hudson’s Bay Company 1869 und den Beitritt Manitobas 1870 war dieses Thema noch wichtiger.«
Die letzten Worte bekam die gute Frau Klamm schon gar nicht mehr mit. Sie stürmte, wohl nervlich am Ende, aus dem Klassensaal.
Wir überlegten, ob wir dieses Mal vielleicht zu weit gegangen waren. Daraufhin klärte Kerstin in der nächsten Pause die arme Frau Klamm über unseren Streich auf.
Sandra musste erneut laut lachen. »Das hätte ich euch gar nicht zugetraut, dass ihr für einen Streich freiwillig lernt. Das muss euch doch unheimlich schwergefallen sein, oder?«
»Na ja«, antwortete Kerstin. »Es war nicht ganz einfach, alle zum Mitmachen zu ermutigen. Aber ich denke, der Einsatz hat sich letztendlich gelohnt.«
Sandra nickte. »Das denke ich auch.« Und mit einem Blick auf den wohlgefüllten Ordner ergänzte sie: »Viele Streiche passen da jedenfalls nicht mehr rein. Dann müssen wir aufhören oder einen zweiten Ordner beginnen.«
»Da sind ja nicht nur unsere Streiche drin, sondern auch unsere Abenteuer«, warf Kerstin ein. »Die nehmen viel Platz weg. Besonders, wenn die Zeitungsartikel dazu kommen.«
»Ich gehe aber nicht davon aus, dass da so schnell ein weiteres Abenteuer hinzukommt. Unser Neuestes ist ja gerade mal ein paar Tage alt. Und solche Ganovengeschichten gibt es bestimmt nicht jede Woche.«
»Das macht nichts, dann machen wir zur Abwechslung mal wieder einen fetten Streich!«, lachte Kevin.
Marc befasste sich immer noch mit dem Zeitungsartikel ihres letzten Abenteuers. Schließlich unterbrach er die Unterhaltung der anderen. »Wisst ihr noch, was Kommissar Greulich gestern in der Eisdiele sagte, bevor er sich verabschiedete? Da sind irgendwo zwei Papageien verschwunden. Wisst ihr darüber etwas Näheres?«
»Nee, eigentlich nicht«, erwiderte Kerstin. »Nur, dass die Papageien aus der Voliere des Friedrich-Ebert-Parks verschwunden sind. Daraufhin hat er sich ja gleich verabschiedet.«
»Genau«, bestätigte Marc. »Und da wir die wilden Vier sind, sollten wir uns dieser Sache annehmen. Auch wenn es sich dabei nur um zwei Papageien handelt, man weiß nie, was so alles dahintersteckt.«
»Wie stellst du dir das vor? Sollen wir zu Greulich fahren und ihn fragen, welches schreckliche Geheimnis sich hinter dem Papageiendiebstahl verbirgt? Der wird uns was husten, wenn wir uns erneut in seine Arbeit einmischen wollen!«
»Warum nicht? Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht, um an nähere Informationen zu kommen. Oder hat darüber etwas in der Zeitung gestanden? Ich habe nichts gelesen.«
Marc war bereits aufgestanden und hatte Elvis an die Leine genommen. »Na auf, ihr faules Pack. Lasst uns direkt zu Greulich fahren. Elvis muss sowieso mal raus, sonst pieselt der uns wieder ans Sofa.«
»Untersteh dich, Elvis«, sagte Kerstin mit drohendem Blick in Richtung Dalmatiner. »Das letzte Mal hatten wir eine Woche Ausnahmezustand. Ich habe sogar das Rasierwasser meines Vaters versprühen müssen.«
Marc musste natürlich seinen Vierbeiner verteidigen. »Übertreib mal nicht so. Schließlich ist noch keiner erstunken.«
»Das wäre hier aber fast zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte passiert«, frotzelte Kevin weiter.
Währenddessen hatten sie den Clubraum verlassen und befanden sich auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle. Elvis hatte gleich den ersten erreichbaren Baum in Beschlag genommen.
Es war zwar noch recht früh am Mittag, trotzdem war es für die Jugendlichen ärgerlich, dass ihnen die Straßenbahn vor der Nase davonfuhr. So hatten sie noch zehn Minuten Wartezeit zu überbrücken.
»Was machen wir, wenn uns Greulich nicht weiterhelfen will?«, überlegte Kevin laut.
»Vielleicht ist der Fall bereits längst aufgeklärt?«, gab Marc zu bedenken.
»Oder die Papageien sind einfach weggeflogen, weil im Zaun ein Loch war«, zählte Sandra eine weitere Möglichkeit auf.
»Wenn uns Greulich nichts sagen möchte, könnten wir in den Ebert-Park fahren. Vielleicht entdecken wir dort etwas Brauchbares?«
»Meinetwegen. Mehr als ein leerer Käfig wird zwar nicht zu finden sein, aber etwas Besseres fällt mir im Moment auch nicht ein.«
Die wilden Vier diskutierten bis zur Ankunft der nächsten Straßenbahn weiter, und selbst während der Fahrt drehte sich ihr Gespräch ausschließlich um die verschwundenen Papageien.
Marc verkürzte die Leine zu Elvis, als sie das Polizeipräsidium betraten. »Nicht, dass du den Kommissar abschleckst. Dann steckt der dich in Einzelhaft bei Wasser und Knochen!«
Ein junger Beamter, der die wilden Vier nicht kannte, erschrak, als er aus seiner Bürotür kam und fast über sie stolperte. »Huch, was ist hier los?«, entfuhr es ihm. »Findet hier eine Demonstration statt?«
Marc fasste seinen Dalmatiner noch enger und antwortete: »Entschuldigen Sie, dass wir Sie erschreckt haben. Wir wollen zu Kommissar Greulich.«
»Ihr habt bestimmt einen Termin, oder? Der Herr Kommissar ist nämlich schwer beschäftigt. Wenn ihr etwas zu berichten habt, könnt ihr es auch mir sagen.«
»Nein danke, wir müssen Herrn Greulich selbst sprechen. Würden Sie ihm bitte sagen, dass wir da sind?«
»Und was soll ich ihm sagen? Das vier Jugendliche und ein großer Hund da sind, die ihn sprechen wollen?«
Marc lachte. »Genau, das würde reichen. Herr Greulich weiß, wer wir sind. Sie können ihm aber auch sagen, dass die wilden Vier hier sind – und Elvis«, fügte er an.
»Die wilden Vier? Doch nicht etwa die wilden Vier, die letzte Woche die Katakomben unter der Fußgängerzone entdeckt haben?«
»Ach, das meinen Sie«, betonte Kerstin absichtlich gelangweilt. »Ja, das waren wir. Ist aber schon eine Weile her.«
Der junge Beamte ging, um Kommissar Greulich den Besuch anzukündigen.
»Habt ihr sein Gesicht gesehen? Fast hätte der uns um ein Autogramm gebeten«, lachte Sandra.
Kerstin nickte. »Dann soll er sich auch ein Autogramm von Elvis geben lassen. Das heißt, das wird dann eher ein Riechogramm.«
Marc schaute seine Freundin zuerst böse an, doch schließlich musste auch er über diesen Witz lächeln.
In diesem Moment kam der Beamte zurück. »Es tut mir leid, aber Kommissar Greulich ist im Außendienst und es ist nicht bekannt, bis wann er zurück sein wird. Soll ich ihm eine Nachricht von euch hinterlassen?«
»Ach nein, das ist nicht nötig«, beeilte sich Kevin zu sagen. »Wir versuchen es morgen wieder. Vielen Dank und auf Wiedersehen.«
Enttäuscht verließen die vier das Gebäude. Marc stampfte wütend mit seinem rechten Fuß auf. »Mensch, ist das blöd! Und was machen wir jetzt?«
»Plan B«, entgegnete Kerstin. » Wir fahren zum Friedrich-Ebert-Park.«
Eine halbe Stunde später hielt die Straßenbahn vor dem Eingang der 1925 gegründeten weitläufigen Parkanlage an.
»Zum Glück wird hier kein Eintrittsgeld verlangt. Wenn ich an die Mannheimer Parks denke …«, meinte Kerstin und verdrehte die Augen.
Elvis hatte sofort gerochen, dass es hier viele Tiere gab, die es sich zu jagen lohnte. Kaninchen, Enten, Tauben und vieles mehr. Ein wahres Hundeparadies. Doch Marc hatte vorgesorgt und die Leine seines Lieblings wieder verkürzt. »Wenn du durchdrehst, Elvis, dann sperre ich dich in die leere Papageienvoliere.«
»Wisst ihr überhaupt, in welche Richtung wir laufen müssen?«, fragte Sandra. Als Ludwigshafener Neubürgerin kannte sie sich noch nicht aus.
»Na klar«, antwortete Kerstin. »Wir waren schon oft hier. Wir müssen an dieser Fontänenanlage vorbei bis zur Rückseite des Parks. Dann hundert Meter nach links, schon sind wir bei den Vogelkäfigen.«
Innerhalb kürzester Zeit hatten die Vier mit ihrem Dalmatiner das Ziel erreicht. Auf der rechten Seite befanden sich neben dem Weg insgesamt fünf Volieren, die bis auf eine einzige alle besetzt waren. Neben Wellensittichen in allen möglichen Farben waren auch Mohrenkopfpapageien und Kakadus zu sehen.
Die Voliere ganz links war leer. Trostlos wirkten die vielen dicken Äste mit dem Laub und den dicken Seilen, die den Vögeln zur Unterhaltung dienen und den Bewegungsdrang fördern sollen. Gespannt schauten die Vier in den tierlosen Käfig.
Sie mussten schon eine Weile hineingestarrt haben, denn sie bemerkten nicht, wie ein älterer Mann langsam zu ihnen kam. Als er sie plötzlich von hinten ansprach, erschraken sie allesamt.
»Da könnt ihr lange nach Tieren suchen«, sagte er mit einer merkwürdig tiefen Stimme. »Der Käfig ist leer. Bis vorgestern waren noch zwei bildhübsche hellrote Aras zu sehen.«
Kerstin drehte sich um. »Wissen Sie, wo diese Aras sind?«
Der Mann nickte. »Ja. Gestohlen wurden sie. Vorletzte Nacht hat jemand das Schloss an der Rückseite der Voliere geknackt und die Vögel eingefangen. Eine Schande ist das! Dabei waren die Papageien erst seit ein paar Tagen im Park. Und nun sind sie wieder weg.«
»Was?«, rutschte es Kevin heraus. »Die Papageien sind nur ein paar Tage hier gewesen? Wo waren die vorher?«
»Das kann ich dir auch nicht sagen, mein Junge. Es kommt aber öfters vor, dass Vögel abgegeben werden, deren Besitzer mit der Haltung überfordert sind oder ein Tier geerbt haben und es nicht behalten wollen. Aber noch niemals wurde im Park etwas gestohlen!«
Sandra überlegte kurz, bevor sie den Mann freundlich ansah: »Sind die Aras besonders wertvoll? Kann ein Dieb die Tiere weiterverkaufen?«
»Ein hellroter Ara kann schon den einen oder anderen Tausender kosten. Aber die Einfuhr und die Zucht sind streng reglementiert, außerdem ist jeder einzelne Vogel registriert. Einen gestohlenen Ara zu verkaufen, dürfte nicht allzu leicht sein.«
Der Mann, sicherlich bereits im Rentenalter, dachte nach. »Irgendwie gehen mir die beiden Männer nicht aus dem Kopf, die vorgestern hier waren. Ihr müsst wissen, ich wohne neben dem Park und drehe hier, wenn es nicht gerade regnet oder stürmt, täglich meine Runde.«
Die wilden Vier horchten auf. »Haben sich diese Männer verdächtig benommen? Denken sie, dass es sich um die Diebe handeln könnte?«
Ihr Gesprächspartner wiegelte ab. »Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe die beiden jedenfalls vorher nie im Park gesehen. Ich fand es sehr merkwürdig, dass sie die Papageien mit einem riesigen Zoomobjektiv fotografiert haben. Da ich mich mit dem Fotografieren etwas auskenne, bin ich mir fast sicher, dass die beiden nur die Füße der Vögel fotografiert haben. Das Ganze kam mir wirklich sehr seltsam vor.«
Die Jugendlichen sahen sich an. Was hatte das zu bedeuten?
Kevin hakte nach. »Was haben die Leute danach gemacht? Haben die vielleicht das Schloss untersucht?«
»Nein, nein. Irgendwann bemerkten sie, dass ich ihnen zuschaute. Da haben sie ihre Kameras geschnappt und sind weggegangen. Ich habe sie danach auch nicht mehr gesehen.«
Das war mal wieder eine harte Kopfnuss für die wilden Vier. Diesmal war es Marc, dem eine Antwort einfiel.
»Alles klar, Leute. Ich glaube, ich weiß, warum diese Typen mit ihren Zoomobjektiven hantiert haben. Ist ja auch irgendwie logisch!«
Frage: Was wollten die beiden Männer fotografieren?
Antwort: .nelletstsef legöV red tfnukreH eid dnu retlA sad nam nnak nremmuN red dnahnA .tgärt ßuF ma iegapaP redej eid ,nehesegba negniR ned fua nremmunstätitnedI eid fua se nettah rennäM eiD