Aufstand der Klasse

Autor: Harald Schneider

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Unsere Geschichtslehrerin Frau Marianne Klamm war in unse­rer Schule sehr beliebt, denn sie gab uns meis­tens nur wenig Hausaufgaben auf. Allerdings hat­te sie eine Angewohnheit, die wir für einen bestimm­ten Streich aus­nut­zen wollten.

Immer wenn es in der Klasse etwas laut her­ging, sag­te sie nur ein ein­zi­ges lau­tes Wort. „Kommt!“ Natürlich mein­te sie damit „Kommt, seid end­lich wie­der ruhig und kon­zen­triert euch auf den Unterricht!“

Eines Tages habe ich in der Pause vor der Geschichtsstunde mit mei­nen Klassenkameraden einen unse­rer berühm­ten Streiche aus­ge­heckt. Schnell waren wir uns einig, dass die gan­ze Klasse bei dem Streich mitmacht.

Voller Vorfreude gin­gen wir in den Unterricht zurück. In der ers­ten hal­ben Stunde pas­sier­te nichts und wir wur­den immer unge­dul­di­ger. Doch dann wur­de der Geräuschpegel grö­ßer und end­lich sag­te Frau Klamm das von uns allen lang erwar­te­te und sehn­süch­tig erhoff­te „Kommt!“

Wie auf Kommando stand die kom­plet­te Klasse auf und wir gin­gen, ohne ein Wort zu sagen, auf die ver­wun­der­te Frau Klamm zu. Erst unmit­tel­bar vor ihr blie­ben wir abrupt stehen.

Die arme Frau Klamm, man merk­te deut­lich, dass sie es mit der Angst zu tun bekam. Sie ver­lor bei­na­he die Fassung, schluck­te unauf­hör­lich und brach­te dann stot­ternd ein kur­zes ‚Was soll das?‘ her­vor. Mit weit geöff­ne­ten Augen starr­te sie uns an.

Ich bau­te mich vor ihr auf und sag­te mit einem fre­chen Grinsen: „Sie haben doch gera­de eben zu uns ‚Kommt!‘ gesagt, also sind wir gekommen.“

Frau Klamm stutz­te einen Moment, da sie das Wortspiel nicht sofort ver­stand. Kurz dar­auf fiel ihr aber ein Stein vom Herzen, sie atme­te erleich­tert auf und sag­te: „Ihr Schlawiner, ihr wisst genau, wie ich das gemeint habe.“ Daraufhin setz­ten wir uns wie­der auf unse­re Plätze.

Auch in der nächs­ten Stunde lach­ten wir noch aus­gie­big über unse­ren gelun­ge­nen Streich. Immerhin war dabei nichts kaputt­ge­gan­gen und lus­tig war die Sache auch.